Es kommt der Tag

Katharina Schüttler, Iris Berben, Susanne Schneider: Ex-Terroristin am Familientisch

Foto: SWR
Foto Rainer Tittelbach

In der zweiten Regiearbeit der Drehbuchautorin Susanne Schneider randaliert eine junge Frau gegen die scheinbar menschenverachtende politische Vergangenheit ihrer Mutter. Das Kind einer Täterin will das RAF-Erbe nicht annehmen. In „Es kommt der Tag“ sitzen die Generationen am üppig gedeckten Tisch und fechten Generationskämpfe aus – mal wortlos, mal mit Verzweiflung, mal mit Wut im Bauch. Der Film ist dramaturgisch klug zugespitzt, konzentriert und leicht frankophil in Szene gesetzt und überaus beeindruckend gespielt.

„Oben die heile Familie und im Keller liegen die Leichen.“ Alice steckt voller Wut. Ihre Mutter, eine unter Mordverdacht stehende Ex-Terroristin, hat sie als Kind weggegeben, weil sie in den Untergrund gehen musste. Heute lebt die Frau ein bürgerliches Familienleben auf einem idyllischen Weingut im Elsass. Durch einen Zeitungsartikel gelingt es Alice, ihre Mutter aufzuspüren. Sie treibt sie in die Enge, konfrontiert sie mit ihren Taten, will erreichen, dass sie ihre Verlogenheit gegenüber ihrer Familie aufgibt. Weder der Ehemann noch die beiden Kinder im Teenageralter wissen etwas von Judiths Vergangenheit. Und Alice will auch, dass sich die Mutter den Behörden stellt. Sie will, dass sie für den Schmerz bezahlt, den sie den Angehörigen des Mannes, den sie erschossen haben soll, zugefügt hat. Ihr geht es dabei auch um den eigenen Schmerz. Von diesem Schmerz wird sie Judiths neuer Familie abgeben.

In der zweiten Regiearbeit von Autorin Susanne Schneider randaliert eine junge Frau gegen die menschenverachtende politische Vergangenheit ihrer Mutter. Das Kind einer Täterin will das RAF-Erbe nicht annehmen. In „Es kommt der Tag“ sitzen die Generationen am üppig gedeckten Tisch und fechten Generationskämpfe aus – mal wortlos, mal mit Verzweiflung, mal mit Wut im Bauch. Da ist von Politik, sozialer Verantwortung & niederen Privatinteressen die Rede – da hagelt es Vorwürfe, da knallen Verteidigungkonter, da obsiegen Widersprüche.

Die Geschichte ist dramaturgisch klug zugespitzt, konzentriert und leicht frankophil in Szene gesetzt und überaus beeindruckend gespielt. Katharina Schüttler bringt mit ihrer Darstellung einer innerlich Zerrissenen eine enorme Dynamik ins Spiel. Mit ihrer Erfahrung als Theaterschauspielerin trägt sie das weitgehend szenisch aufgelöste Fünf-Personen-Stück. Aber auch Iris Berben bietet eine vorzügliche Leistung – ungeschminkt, feinnervig, vielschichtig. Der deutsche Herbst am Familientisch – sehenswert, weil der Film keinen drögen Polit-Diskurs daraus macht, sondern ein sinnliches Generationendrama.

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Kinofilm

Arte, SWR, WDR

Mit Katharina Schüttler, Iris Berben, Jacques Frantz, Sebastian Urzendowsky, Sophie-Charlotte Kaissling-Dopff

Kamera: Jens Harant

Szenenbild: Olivier Meidinger

Schnitt: Jens Klüber, Sven Kulik

Produktionsfirma: Wüste Film

Drehbuch: Susanne Schneider

Regie: Susanne Schneider

EA: 10.11.2010 23:00 Uhr | Arte

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach