Einfach Rosa – Die Hochzeitsplanerin

Alexandra Neldel, Sara Fazilat, Conni Lubek, Haase. Die Braut, die sich nicht traut

Foto: Degeto / Hardy Spitz
Foto Rainer Tittelbach

Drei Mal hat sie ein und denselben Bräutigam vor dem Traualtar stehen lassen. Nicht die beste Visitenkarte für eine Hochzeitsplanerin – oder vielleicht doch?! Was Thema und Sujet angeht, vollzieht die für den Freitag produzierte ARD-Dramedy-Reihe „Einfach Rosa“ eine Rolle rückwärts: Die Romantik ist zurück, leicht gebrochen zwar, bisweilen spielerisch, mit vielen Wendungen, einem sympathischen Duo und im Sat-1-Look statt im Jurgan-Modus, dafür ohne jede Tiefe. Immerhin eine Dramedy, die einem ein U nicht für ein E vormacht.

Eine Braut, die sich nicht traut, wird Hochzeitsplanerin
Endlich kann sich Rosa ihren Kleinmädchentraum verwirklichen und sich als Hochzeitsplanerin selbstständig machen: Die gelernte Grafikerin hat den Brautmodenladen ihrer Tante geerbt, hat das Ganze entsprechend aufgepeppt, nennt sich „Rosa – Brautmoden & Events“ und braucht jetzt nur noch einen Existenzgründerzuschuss, um durchzustarten. Um den dafür notwendigen Businessplan fristgerecht auf den Weg zu bringen, heuert sie die patente Deutschtürkin Meral an, die es satt hat, für ihren Vater und ihre Brüder im Haushalt und in der Hinterhof-Kfz-Werkstatt Mädchen für alles zu sein. Ihre zupackende Art und Rosas Geschmack sind das beste Argument für diese neue Berliner Hochzeitsagentur. Und bald steht auch das erste überglückliche Paar bei Rosa auf der Schwelle. Doch diese Enddreißigerin hat nicht nur ein Händchen für Ästhetik, sie hat auch ein feines Näschen dafür, wenn etwas nicht stimmt in der Beziehung ihrer Mitmenschen. Und so ein Gefühl beschleicht sie zunehmend bei Michelle, Frank und Lilli, deren Tochter aus erster Ehe. Sie selbst ist eine Braut, die sich (offenbar aus gutem Grund) nicht traut; drei Mal hat sie ein und denselben Mann vor dem Traualtar stehen lassen. Deshalb will Rosa nur Hochzeiten ausrichten, die auf wahrer Liebe basieren.“ Ein ehrenwertes, aber fürs Geschäft kontraproduktives Berufscredo.

Einfach Rosa – Die HochzeitsplanerinFoto: Degeto / Hardy Spitz
Zwei Hingucker. Alexandra Neldel und die Entdeckung der neuen ARD-Reihe: Sara Fazilat, deren Figur vor allem durch ihr freches, authentisches Mundwerk besticht.

Wenigstens ist Alexandra Neldel nicht Christine Neubauer
Nachdem der ARD-Freitagssendeplatz von allzu großem Herz-Schmerz-Kitsch und banalen Wohlfühlfilmen bereinigt wurde, der neue Anspruch aber nicht immer vom Zuschauer honoriert wird, vollzieht die ARD-Degeto mit „Einfach Rosa“ – zumindest was die Themensetzung angeht – eine Rolle rückwärts. Vergleich man die Auftaktepisode „Die Hochzeitsplanerin“ allerdings mit den eingestellten Reihen „Traumhotel“ oder „Alpenklinik“ sind da glücklicherweise deutliche Unterschiede erkennbar. Außerdem ist Alexandra Neldel nicht Christiane Neubauer. Sie hat noch immer ein hinreißendes Lächeln und selbst in der Blaumann-Latzhose macht sie noch eine gute Figur. Dass sie schauspielerisch, wenn’s in Richtung „ernst(haft)“ geht, etwas limitiert ist, macht sich bei diesem Genre nicht allzu sehr bemerkbar. Ein Knaller und viel weniger gewöhnungsbedürftig als angenommen ist Sara Fazilat („Puppe“) als Assistentin und bald bester Freundin der Heldin. Ihre Art und Weise zu sprechen, die pointierte Kürzelsprache like Facebook & Twitter, wirkt „echt“, was wohl in erster Linie der Autorin Conni Lubek zu verdanken ist, die im Internet zum Thema Liebe bloggt. Der kulturelle Background dieser Meral kommt über die üblichen Klischees zwar nicht hinaus, reicht aber aus, um aus Rosas Partnerin eine rundum stimmige Type zu machen. Die Inszenierung ist – gefühlt – doppelt so schnell wie herkömmliche Degeto-Filme, auch dank der Popsongs, mit denen sich die jeweiligen Stimmungen, in denen sich die Figuren befinden, in Windeseile vermitteln lassen (Tiefe gehört nicht zum Konzept). Die Exposition ist extrem knackig und kompakt: schneller kann man als Zuschauer kaum im Bilde sein. Und das Rollen-Angebot ist nicht nur in Richtung auf „der schönste Tag im Leben einer Frau“ oder „Träume in Weiß“ ausgerichtet (das wäre auch zu viel 1950er Jahre), sondern mit Rosas Mutter Ruth (passend besetzt: Petra Kelling), die ihre Tochter nach der Revolutionärin Rosa Luxemburg benannt hat, mischt sich auch eine kritische Stimme in den Chor der falschen Romantik: „Du arbeitest mit der Lüge, dass der Rausch ewig bleibt; die Ehe aber ist eine Falle.

Eine Dramedy, die einem ein U nicht für ein E vormachen will
Auch die Hochzeitsplanungen des ersten Auftrags der Heldin verlaufen nicht reibungslos. Relevanz besitzt die Geschichte zwar nicht, mit ihren Wendungen und Retardationen ist sie aber durchaus unterhaltsam. Besonders dann, wenn eine falsche Fährte gleichzeitig eine ironische Spitze in Richtung Problemfilm abfeuert: So sind die Schuhe im Kühlschrank neben den offenen Hundefutterdosen kein Signal für die Demenz von Rosas Mutter, sondern ein Zeichen für ihr Anderssein („Es ist Sommer – da schwitzen meine Füße.“). Das Happy End gerät dann ein bisschen zu dick, besitzt aber wie der ganze Film von Komödien-Experte Holger Haase etwas Spielerisches – sodass sich auch da ein Auge zudrücken lässt. Es wirkt ohnehin sympathisch, dass einem diese 90-minütige Dramedy ein U nicht für ein E vormachen möchte. Alles in allem also ist „Einfach Rosa – Die Hochzeitsplanerin“ ein eskapistisches Degeto-Märchen im Sat-1-Look, in dem die Heldin in ihrem Einsatz für die Romantik und auf ihrem eigenen Weg zur Liebe allerhand aufsammelt von dem, was das gesellschaftliche Miteinander heute bereithält. Die Saat ist ausgesät, auch was die Liebe der Titelfigur betrifft, darf man gespannt sein, wohin die Reise geht. Leider geht sie in Episode 2, „Wolken über Kapstadt“, ins Jurgan-like „Traumhotel“-Ambiente. (Text-Stand: 7.10.2015)

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Reihe

ARD Degeto

Mit Alexandra Neldel, Sara Fazilat, Petra Kelling, Alissa Jung, Oliver Bootz, Antonie Lawrenz, Pierre Kiwitt, Orhal Güner, Arnel Taci, Reza Brojerdi

Kamera: Uwe Schäfer

Szenenbild: Jörg Baumgarten

Schnitt: Bernhard Wießner

Produktionsfirma: Wiedemann & Berg

Drehbuch: Conni Lubek

Regie: Holger Haase

Quote: 2,97 Mio. Zuschauer (9,5% MA)

EA: 30.10.2015 20:15 Uhr | ARD

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