Drei Frauen hatten offensichtlich ein Ziel: den Geschlechtsgenossinnen Mut und den herkömmlichen Geschlechterrollen Beine zu machen. Veronica Ferres spielt ein Heimchen am Herd, das sich zur Karrierefrau aufschwingt. Die Autorin Annemarie Schoenle brachte einen ihrer Romane ins Drehbuchformat. Und Vivian Naefe, seit Jahren mit Beziehungskisten aller Art in Kino und Fernsehen unterwegs, fand für die gediegene Aufstiegsstory einer Frau, die Karriere macht und Mensch bleibt, ebenso gediegene Bilder. Ergebnis: „Eine ungehorsame Frau“, ein absolut mehrheitsfähiger ZDF-Zweiteiler. 180 Filmminuten Emanzipation light!
Marlene, Anfang 30, will nicht länger zu Hause versauern. Frech bewirbt sich diese Frau ohne Qualifikation und ohne Berufserfahrung bei einem Verlag. „Seit 13 Jahren beweise ich als Hausfrau Organisationstalent, als Ehefrau Kompromissfähigkeit und als Mutter Flexibilität“, argumentiert sie und bekommt die Stelle als Bürokraft. Ihr Mann kapiert nichts, schlägt dafür zu – die Scheidung ist Formsache. Zwei Jahre später, die erste Beförderung. Nur der Traumprinz lässt auf sich warten. Als ihr der unkomplizierte Jurastudent Niklas über den Weg läuft, ist sie schnell Feuer und Flamme. Es folgt die Heirat und die Erkenntnis: „Ich hatte einen Alptraum – mein erster Mann ließ sich klonen und ich habe ihn noch einmal geheiratet.“
Eine Frau aus einfachen Verhältnissen steht ihren Mann. Das wirkt zunächst wie ein unbeholfen peppiges Sozialdrama, dann wie eine schlecht kaschierte Fernsehspiel-Variante der ZDF-Erfolgsserie „Girl Friends“, schließlich wie eine fiktionalisierte Ratgebersendung mit dem Thema „Karriere zum Selbermachen“. Man muss sich daran gewöhnen, dass die konventionelle Erfolgsstory ebenso konventionell erzählt wird. Dramaturgisch gibt scheinbar der ganz gewöhnliche Beziehungs- und Arbeitsalltag den Rhythmus der Geschichte vor.
Annemarie Schoenle bewies schon immer Geschick im Verwursten zeitgeistiger (Frauen-)Themen. Ihre Grimme-Preis-gekrönte Mini-Serie „Nur eine kleine Affäre“ mit Jennifer Nitsch brachte eine frische Brise ins Serien-Einerlei. „Verdammt, er liebt mich“ mit Corinna Harfouch war beachtliche TV-Unterhaltung. Sechs Romane hat Schoenle bislang geschrieben und zu allen auch ein Drehbuch verfasst. „Ich hatte nur Schwierigkeiten damit, mich von Handlungssträngen oder Personen, die von der eigentlichen Geschichte ablenken, zu trennen“, sagt sie. Als Kind war sie ein Kinofreak. „Ich konnte die Dialoge von Dutzenden von Filmen auswendig hersagen und wollte Schauspielerin werden.“ Sie ist es nicht geworden. Veronica Ferres, Michael Degen oder Hansa Czypionka werden es ihr danken. Denn was sie wirklich kann, ist Dialoge schreiben! (Text-Stand: 5.1.1998)