Ein Filmtitel kann auch eine Bürde sein. „Parkplatz bitte sauber halten“: Das klingt originell und ist zudem recht sarkastisch, denn auf dem Parkplatz, an dem dieses Schild steht, ist neben allerlei Unrat auch eine Leiche gefunden worden. Tatsächlich ist das Sujet jedoch das einzig Ungewöhnliche an dieser 81. Episode aus der ZDF-Reihe „Ein starkes Team“, denn Dramaturgie und Umsetzung kommen über Vorabendformat kaum hinaus. Der Rahmen wiederum wirkt, als sei jemand zufällig auf das Phänomen Parkplatzsex gestoßen und habe sich gedacht: Wenn das kein interessanter Hintergrund für einen Krimi ist! Wildfremde Menschen finden sich auf öffentlichen Parkplätzen ein und geben sich dem gegenseitigen Lustgewinn hin; ein Swingerclub unter freiem Himmel. Dazu eine Leiche, fertig ist der Krimi.
Daraus hätte sicher was werden können, wenn sich Autor Axel Hildebrand mehr für seine Figuren interessiert hätte; und wenn Maris Pfeiffer den Film nicht so uninspiriert inszeniert hätte. Würde man sämtliche Autoszenen und alle Reviergespräche streichen, bliebe nicht mehr viel übrig. Das ist ohnehin ein grundsätzlicher Schwachpunkt von „Ein starkes Team“: Viel zu oft treffen sich die Kommissare im Büro, um sich gegenseitig (und damit die Zuschauer) über den Stand ihrer Ermittlungen zu informieren; für die Regie bleibt da kaum Spielraum. Es hat allerdings auch schon Reihenkrimis gegeben, in denen Regisseure mit Hilfe der Bildgestaltung selbst trockenen Befragungsszenen besondere Momente abgewinnen konnten. Interessant ist der Film daher wegen eines weiteren Aspekts, den Hildebrand jedoch verschenkt: Neben den Parkplatzprotagonisten gibt es offenbar eine weitere Klientel, die sich im weitesten Sinne passiv verhält, aber als Zuschauer geduldet ist. Zu dieser Sorte gehörte auch der Tote.
Der Themenkomplex Voyeurismus im Film ist Gegenstand mutmaßlich Tausender Bücher, Essays und studentischer Arbeiten. Faszinierend ist dabei vor allem die Doppelrolle des Zuschauers, wenn er dank raffinierter Inszenierungen seinerseits zum Spanner oder – wie in Michael Powells Klassiker „Peeping Tom“ („Augen der Angst“, 1959) – gar zum Mittäter wird. Keiner hat so meisterlich mit dieser verstörenden Komplizenschaft gespielt wie Alfred Hitchcock. Ein nicht zu unterschätzender Reiz des Mediums Film besteht ohnehin darin, dass Figuren ausleben, was das Publikum nicht darf, ganz gleich, ob es um Sex oder um Gewalt geht. Hinzu kommt als modernes Gegenstück die Neigung vieler Menschen, sich selbst und ihr Leben in den digitalen Netzwerken zur Schau zu stellen. Von all’ dem könnte „Parkplatz bitte sauber halten“ allerdings kaum weiter entfernt sein, denn Hildebrand und Pfeiffer erzählen eine ganz brave Geschichte, die bloß so tut, als falle sie aus dem Rahmen.
Das erwürgte Parkplatzopfer war Universitätsprofessor und ist seinem Trieb offenbar auch am Arbeitsplatz nachgegangen: Eine Studentin (Lara Mandoki) hat den Mann angezeigt, weil er sie beim Duschen fotografiert hat. Dieser Beschäftigung hat er bereits während seiner Ehe gefrönt, denn es finden sich auch Aufnahmen seiner mittlerweile geschiedenen Frau (Annika Blendl). Der Professor fand Gefallen daran, dass sich die Gattin auf Parkplätzen anderen Männern hingab, und bei Benno Kowalski (Marc Ben Puch) ist sie hängen geblieben, was wohl weniger mit dem Esprit des eher schlichten Autoschraubers zu tun hatte. Vermutlich wird Garber (Florian Martens) dem Gros des Publikums aus der Seele sprechen, wenn er dieses Treiben für einigermaßen skurril hält. Als einer der Beteiligten einen anderen zum „Perversen“ erklärt, platzt es aus Garber heraus; er hält diese Leute offenkundig allesamt für pervers.
Hildebrand schreibt viel für ZDF-Serien wie „Die Chefin“, „Dr. Klein“ oder „Der Staatsanwalt“, was keine Entschuldigung dafür sein darf, dass die Handlung des Films allenfalls für eine Serienfolge gereicht hätte. Dass der Autor auch anders kann, hat er zuletzt mit seinen beiden Vorlagen zu „Herr und Frau Bulle“ gezeigt. Für „Ein starkes Team“ hat er unter anderem neben dem ordentlichen Vorortfilm „Wespennest“ (2017) auch „Knastelse“ (2016) verfasst; bei der Premiere für Stefanie Stappenbeck als Linett Wachow hat Pfeiffer ebenfalls Regie geführt. Ihre Filme, überwiegend Beiträge zu Reihen wie „Tatort“ (zuletzt „Tod und Spiele“ aus Dortmund, 2018) oder „Polizeiruf 110“ („Starke Schultern“ aus Magdeburg, 2018), sind in der Regel sehenswert und zeichnen sich meist durch eine subtile Spannung aus. Eine ihrer besten Arbeiten der letzten Jahre war „Getrieben“ (2019) mit Petra Schmidt-Schaller und Ulrike C. Tscharre als Duo, das einen Serienmörder jagt. Gemessen an der Qualität dieses Thrillers ist Pfeiffers achte Arbeit für „Ein starkes Team“ erst recht unterdurchschnittlich, und das hat nicht nur mit der Vorlage zu tun; manch’ ein Dialog wirkt allzu inszeniert und darstellerisch zudem recht ungelenk. Das gilt auch für die Nebenebene mit Team-Maskottchen Sputnik (Jaecki Schwarz), der diesmal Pfefferspray verkauft, das nach hinten losgeht. Selbst Martens’ amüsante Comedy-Momente können den Film nicht retten. Den witzigsten Dialogsatz hat ohnehin Christine Schorn in einer winzigen Gastrolle als Betreiberin eines Sexkinos, das Garber und Wachow aus dienstlichen Gründen aufsuchen: „Schätzchen, haste deinen Papa mitgebracht?!“ (Text-Stand: 10.1.2020)