Ein starkes Team – Die Frau im roten Kleid

Maranow, Martens, Auer, Vogel. Hektik, Logik-Löcher & andere Ungereimtheiten

Foto: ZDF / Katrin Knoke
Foto Tilmann P. Gangloff

Wenigstens die Leiche ist originell & makaber eingeführt. Ansonsten wirkt „Die Frau im roten Kleid“ aus der ZDF-Reihe „Ein starkes Team“ Plot-mäßig und inszenatorisch ungewöhnlich unrund. Wenn es in dem Film von Thorsten Näter mal etwas temporeicher zugehen soll, ist das Ergebnis eher Hektik als Spannung. Die Besetzung mit Barbara Auer, Jürgen Vogel & Jörg Hartmann kann sich sehen lassen; dafür wirken die Schauspieler unterfordert.

Das Autorenpaar Jürgen Pomorin und Birgit Grosz hat gemeinsam Dutzende von Drehbüchern verfasst; die ZDF-Reihe „Ein starkes Team“ hat das Duo geprägt wie niemand sonst. Pomorin, der als Drehbuchautor unter dem Künstlernamen Leo P. Ard auftritt, hat die letzte gemeinsam Arbeit seiner verstorbenen Lebensgefährtin gewidmet. Ausgerechnet dieser Film wirkt jedoch über weite Strecken seltsam unrund.

Inszeniert wurde „Die Frau im roten Kleid“ von Thorsten Näter, dank einer Vielzahl von Beiträgen für diverse Krimireihen und -serien ein ausgesprochen routinierter Regisseur mit einem guten Gespür für spannungsfördernde Momente und Actionszenen. Aber wenn es in diesem Film mal etwas temporeicher zugehen soll, ist das Ergebnis eher Hektik als Spannung. Die Bildgestaltung (Achim Hasse) der mit einer Handkamera gefilmten Straßenszenen wirkt nicht dynamisch, sondern bloß unruhig. Auch die Story stolpert über verschiedene Logik-Lücken. Andererseits nimmt die Geschichte nach einer Stunde eine Wende, die zumindest die eine oder andere Ungereimtheit erklärt. Nun wird auch klar, warum die bis dahin völlig unterfordert wirkende Barbara Auer als Episoden-Star mitwirkt.

Der Film beginnt mit der obligaten Leiche, die immerhin makaber und originell eingeführt wird: Ein Hochzeitspaar möchte gerade die frisch geschlossene Ehe vollziehen, als Blut von der Decke tropft. Der Tote ist ihr im Stockwerk darüber lebende Vermieter, Uwe Seifert. In seiner Wohnung werden die Fingerabdrücke eines kürzlich freigelassenen Schwerverbrechers gefunden: Werner Milatowski (Jürgen Vogel) hat vor zehn Jahren mit einem Komplizen einen Geldtransport überfallen und einen Mann erschossen. Er wurde verhaftet, der unbekannte Komplize nicht; und das Geld war weg. Prompt vermutet das Duo vom Berliner LKA, Seifert könne der große Unbekannte gewesen sein und Milatowski habe sich gerächt. Ein auf die Wiederbeschaffung von Diebesgut spezialisierter Versicherungs-Mitarbeiter, der Milatowski observiert, hat kurz vor der Tat jedoch eine Frau in einem roten Kleid ins Haus gehen sehen.

Ein starkes Team – Die Frau im roten KleidFoto: ZDF / Katrin Knoke
Skurriler Tatort, makabrer Leichenfund, unrunder, top besetzter Krimi. Kann die Verhörte etwas zu dem roten Kleid sagen? Maja Maranow, Florian Martens und Barbara Auer in „Ein starkes Team – Die Frau im roten Kleid“ (ZDF)

Das Drehbuch erzählt die Geschichte allerdings viel und auch unnötig komplizierter; die Handlung wirkt mitunter nicht verzwickt, sondern bloß verworren. Völlig verschenkt ist in den ersten zwei Dritteln Barbara Auer als Deutsche mit dänischem Nachnamen; sie war eine Bekannte Seiferts, ihr galt sein letzter Anruf kurz vor der Ermordung. Erst beim Finale zeigt sich, dass die vorsätzliche Verwirrung Methode hatte. Während es Auer also gelingt, dank der letztlich vielschichtigen Rolle doch noch zu glänzen, ist Jürgen Vogel als gewalttätiger Gangster eine völlig einfallslose Besetzung. Natürlich verleiht er dem wortkargen Milatowski das nötige Charisma, aber solche Rollen spielt er längst im Schlaf, und im Grunde genommen müssten sie ihn eigentlich langweilen; auch wenn sich der Ganove auf dem Campingplatz einige hübsche Wortgefechte mit einem vereinsamten Dauercamper (Arved Birnbaum) liefert.

Unter Näters Niveau sind die klischeehaften Zwischenspiele mit den schon tausendfach gesehenen Berliner Impressionen; einige fallen mit ihrem überfallartigen Zoom handwerklich aus dem Rahmen. Die in der Regel gern komödiantisch umgesetzten Revierszenen wirken diesmal eher uninspiriert. Ärgerlicher aber sind die vermeidbaren Fehler: Der Versicherungsmann bringt einen Peilsender so offensichtlich an Milatowskis Auto an, dass der Ganove gar nicht anders kann, als ihn zufällig zu entdecken. Und dass das Finanzamt nicht hellhörig wird, wenn sich ein Freiberufler mit einem niedrigen fünfstelligen Jahreseinkommen ein Haus in bester Gegend baut, ist ausgesprochen unglaubwürdig. Dafür entschädigt der Film mit sympathischen running gags über die verkiffte WG von Seiferts Tochter.

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Reihe

ZDF

Mit Maja Maranow, Florian Martens, Barbara Auer, Jürgen Vogel, Maria Ehrich, Arnfried Lerche, Kai Lentrodt, Jörg Hartmann, Jaecki Schwarz, Arved Birnbaum

Kamera: Achim Hasse

Schnitt: Julia von Frihling

Musik: Axel Donner

Produktionsfirma: UFA Fernsehproduktion

Produktion: Michaela Nix

Drehbuch: Leo P. Ard, Birgit Grosz

Regie: Thorsten Näter

Quote: 7,36 Mio. Zuschauer (23,2% MA); Wh: 4,58 Mio. (14,9% MA)

EA: 06.04.2013 20:15 Uhr | ZDF

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