Ein Sommer in der Toskana

Wolke Hegenbarth, Kerem Can, Thomas Kirdorf, Papavassiliou. Der kleine Unterschied

Foto: ZDF / Christiane Pausch
Foto Rainer Tittelbach

Seit zehn Jahren sorgt die „Ein Sommer“-Reihe für ein bisschen mehr Frische auf dem ZDF-Sonntagsfilm-Sendeplatz. „Ein Sommer in der Toskana“ (Ariane Krampe Filmproduktion) ist der 30. Film dieses Sub-Labels, das Romantik häufig etwas moderner begreift als die Reihen „Rosamunde Pilcher“ und „Inga Lindström“. Die Sommer-Romanzen wirken alltagsnäher, sind konzentrierter, klarer erzählt und filmsprachlich oft eine Spur elaborierter. „Ein Sommer in der Toskana“ ist ein typischer Vertreter dieser etwas anderen „Herzkino“-Reihe. Es gibt nur vier handlungstragende Charaktere, und keiner wird für die Handlung verraten. Sogar etwas Zeitgeist („Fair Fashion“) fließt in den Plot. Die Kamera malt formschöne Landschafts-Tableaux, die Dialoge sind angenehm ungekünstelt. Auch die Schauspieler überzeugen, sie sind sympathisch und treffen gut die wechselnden Gefühlslagen. Die Narration allerdings setzt auf die üblichen Versatzstücke. Etwas mehr Pfiff & Raffinesse könnten da nicht schaden.

Seit zehn Jahren sorgt die „Ein Sommer“-Reihe für ein bisschen mehr Frische auf dem ZDF-Sonntagsfilm-Sendeplatz. „Ein Sommer in der Toskana“ (Ariane Krampe Filmproduktion) ist der 30. Film dieses Sub-Labels, das Romantik häufig etwas moderner begreift als die Reihen „Rosamunde Pilcher“ und „Inga Lindström“. Die Sommer-Romanzen wirken alltagsnäher, sind konzentrierter, klarer erzählt und filmsprachlich oft eine Spur elaborierter. „Ein Sommer in der Toskana“ ist ein typischer Vertreter dieser etwas anderen „Herzkino“-Reihe. Es gibt nur vier handlungstragende Charaktere, und keiner wird für die Handlung verraten. Sogar etwas Zeitgeist („Fair Fashion“) fließt in den Plot. Die Kamera malt formschöne Landschafts-Tableaux, die Dialoge sind angenehm ungekünstelt. Auch die Schauspieler überzeugen, sie sind sympathisch und treffen gut die wechselnden Gefühlslagen. Die Narration allerdings setzt auf die üblichen Versatzstücke. Etwas mehr Pfiff & Raffinesse könnten da nicht schaden.

Mit „Ein Sommer in der Toskana“ feiert das ZDF ein Jubiläum: Es ist der 30. Film der „Ein Sommer“-Reihe, die im Rahmen des Sonntagsfilms seit Herbst 2009 für etwas mehr Frische und Aufgeklärtheit sorgt. In Sachen zeitgemäßer Anmutung haben in den letzten Jahren die Dauerbrenner-Reihen „Rosamunde Pilcher“ und „Inga Lindström“ zwar etwas aufgeholt, aber diese narrativ überkonstruierten und deshalb so trivial wirkenden Sehnsuchtsfilme aus Schweden und Cornwall reiten die Klischees und plotten die Romantik noch immer gern zu Tode. Dagegen sind jene 30 Filme, in denen Sommer-Stimmungen ein Leben verändern können, in der Regel dramaturgisch klarer, konzentrierter und auch filmsprachlich eine Spur elaborierter. „Ein Sommer in der Toskana“ ist ein typischer Vertreter dieser etwas anderen „Herzkino“-Reihe. Es gibt nur vier handlungstragende Charaktere, und keine dieser Figuren wird für die Handlung verraten. Die Sympathieverteilung orientiert sich nicht an einer wohlfeilen Schwarzweiß-Dramaturgie, sondern ist eher schon dem Leben abgelauscht. In der Szene, in der die Heldin zum ersten Mal auf den Liebhaber ihrer Mutter trifft, erweckt dieser mit seiner zurückhaltenden Art und seiner Bill-Murray-Physiognomie ein Stück weit Mitleid beim Zuschauer. Später, als seine betrogene Ehefrau ins Spiel kommt, verschieben sich die Sympathien in Richtung dieser gastfreundlichen italienischen „Mamma“. Die Beiläufigkeit, mit der della Torre Senior die Veröffentlichung von Lauras kritischem Artikel zu verhindern weiß, ist im Übrigen nicht vergleichbar mit den Ausrufezeichen-Intrigen, wie man sie gelegentlich noch immer am Sonntag im ZDF zu sehen bekommt. Und am Ende kann einem dieser reuige Sünder mit seinem schlechten Gewissen schon wieder ein Bisschen leidtun.

Ein Sommer in der ToskanaFoto: ZDF / Christiane Pausch
Laura (Wolke Hegenbarth) erfährt von Emanuele (Rolf Sarkis) Dinge über ihre Mutter, die sie nicht für möglich gehalten hätte. Nicht nur die Affäre und der Betrug der Familie gehören dazu. Auch einige dauerhafte Verletzungen relativieren sich.

„Ein Sommer in der Toskana“ gehört zwar zur Gattung des „Schönwetterfilms“, stellt allerdings Landschaft und Sonnenschein nicht über die Maße aus. Kameramann Vladimir Subotic fängt vor allem das spätsommerliche Licht ein und malt mit ihm Tableaux, die mehr an Kunstfotos als an Kitschpostkartenansichten erinnern und durch ihre Statik (im Gegensatz zu den beliebten Drohnenflügen in anderen „Herzkino“-Filmen) die mal harmonischen, mal bizarren Formen in der Natur betonen. Und dann ist da diese italienische Landvilla zum Verlieben. Alles wirkt stimmungsvoll, aber auch unaufdringlich und alltagsnah. Die Dialoge sind einfach, wenig verkünstelt. Gleiches gilt für das Spiel, das sich souverän den Tonlagen anpasst: Das Rollenspiel, zu dem der Lover der Mutter die Heldin nötigt, wird nicht komödiantisch aufgelöst, sondern zunehmend ernsthaft; Liebesglück und Liebesleid sind die dominierenden Stimmungen im Film. Trotzdem weiß Wolke Hegenbarth, von der man ja eher das komische Moment erwartet und die dem Ganzen deshalb auch nicht zu viel Schwere angedeihen lässt, zu überzeugen, ebenso wie Kerem Can („Herzkino-Märchen: Schneeweißchen und Rosenrot“) als „jugendlicher“ Liebhaber. Zum Casus knacksus der Be-ziehung von Laura und Alessandro könnte die unterschiedliche moralische Haltung der beiden werden. Sie deckt Markenmissbrauch in der Mode und ausbeuterische Machenschaften im Produktionsprozess auf, und er ist ein Anwalt, der sich um die Belange der Superreichen kümmert. Schade, dass Autor Thomas Kirdorf nicht so weit geht, die interessante Frage zu diskutieren: Wie sehr kann ein mangelndes soziales Gewissen die Liebe beeinträchtigen? Ist es möglich, einen Menschen zu lieben, auch wenn er völlig andere politische Haltungen und mo-ralische Werte vertritt? Die Heldin ist nicht auf den Kopf gefallen: So kommt sie gleich bei der ersten Begegnung mit della Torre Senior („Seit wann kannten Sie meine Mutter?“) auf dessen mögliche Vaterschaft zu sprechen. Die moralische Diskrepanz zwischen ihr und Alessandro nimmt sie aber erst wahr, als die Intrige des Seniors verfängt. Hier obsiegt dann doch wieder die Dramaturgie über den Charakter. Dabei gibt es eine Szene, in der der  Widerspruch wunderbar zum Ausdruck kommt: Laura liegt Romy-Schneider-like am Swimmingpool und genießt es, von ihrem Latin Lover liebkost zu werden; in Reichweite die Aktenmappe mit dem Schriftstück, das ihn womöglich als Handlanger der „Ausbeuterklasse“ entlarven könnte.

Ein Sommer in der ToskanaFoto: ZDF / Christiane Pausch
Die Toskana, eine Frau (Wolke Hegenbarth), ein Mann (Kerem Can), eine nicht zu komplizierte Konfliktsituation & Gefühle, präsentiert mit spielerischer Leichtigkeit

Und auch am Ende von „Ein Sommer in der Toskana“ steht ein Bild. Ein Kuss vor malerischer Landschaft. Mit einigem Abstand zum Liebespaar: Das dürfte kein Zufall sein. Was aus dem untreuen Ehemann und seiner tief verletzten Gattin wird, bleibt offen. Man kann als Zuschauer spekulieren. Immerhin heißt es im Film: „La famiglia, das ist das Herz Italiens und das Wichtigste für jeden Italiener.“… Es sind auch bei diesem Film einmal mehr die Details, die Nuancen, die den Unterschied zu anderen ZDF-Romanzen machen. So kommt auch der Soundtrack ohne die abgenudelten italienischen Gassenhauer aus. Die Story allerdings setzt auf die immergleichen Genre-Versatzstücke; die „Ein Sommer“-Geschichten waren schon mal pfiffiger. Etwas mehr Mut könnte dem sogenannten „Herzkino“ insgesamt guttun. Das muss nicht heißen: mehr Zeitgeist-Phänomene einbauen (wie in diesem Fall das Thema „Fair Fashion“), sondern raffinierter erzählen, sich stärker an amerikanischen, englischen oder französischen Wohlfühl(kino)filmen oder -serien orientieren, die Genremuster nicht immer nur 1:1 bedienen und mehr Wert auf die filmästhetische Umsetzung legen – mit jüngeren Regis-seuren und Kameraleuten. Nicht gemeint mit „mehr Mut“ ist die Entscheidung, „Ein Sommer in der Toskana“ in den letzten Tagen des September spielen zu lassen. (Text-Stand: 4.4.2019)

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Reihe

ZDF

Mit Wolke Hegenbarth, Kerem Can, Rolf Sarkis, Susanna Capurso, Laura Lo Zito

Kamera: Vladimir Subotic

Szenenbild: Massimiliano Sturiale

Kostüm: Antje Gebauer

Schnitt: Corina Dietz-Heyne

Musik: Martina Eisenreich

Redaktion: Rita Nasser

Produktionsfirma: Ariane Krampe Filmproduktion

Produktion: Ariane Krampe

Drehbuch: Thomas Kirdorf

Regie: Jorgo Papavassiliou

Quote: 5,33 Mio. Zuschauer (15,3% MA); Wh. (2022): 3,80 Mio. (15,3% MA)

EA: 28.04.2019 20:15 Uhr | ZDF

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