Je rarer er sich macht, umso mehr reißen sich die Medien um ihn. Nach der selbst verordneten eineinhalb jährigen Fernsehpause, die RTL dem Fan letztes Jahr mit der Impro-Comedy-Konserve „Hallo Taxi“ ein wenig versüßte, kehrt Hape Kerkeling heute zurück auf den Bildschirm. Doch ein Wehrmutstropfen mischt sich in die Wiedersehensfreude über Horst Schlämmer & Co: „Ein Mann, ein Fjord“ ist ein einmaliges Vergnügen. Der Komiker ist zwar in drei Rollen zu sehen, doch es sind, wie er sagt, „schräge Charaktere, die die Handlung nicht maßgeblich beeinflussen“. Was seine Zukunft angeht – dazu schweigt Kerkeling.
Foto: ZDF / Hans-Joachim Pfeiffer
„Ein Mann, ein Fjord“ ist ein Road-Movie durch Skandinavien. Ein ungewöhnliches Projekt für einen Fernsehfilm. Kerkeling und sein Lebenspartner, der Autor, Regisseur und Produzent Angelo Colagrossi, fanden deshalb auch zunächst keinen Sender. Also machten die beiden ein Hörbuch daraus. „Es war ein Experiment, eine neue Form von Hörbuch, es war konzipiert als ein Film, der im Kopf des Zuhörers entsteht, alle Regieanweisungen wurden mitgesprochen“, so Colagrossi. Das Experiment gelang. „Der Film für die Ohren“ verkaufte sich über 300.000 Mal. Bei der ersten Lesung in Köln, noch vor dem großen Boom, war zufällig eine ZDF-Redakteurin im Publikum. Und die war sofort Feuer und Flamme.
Die Dreharbeiten wurden zum Abenteuer. Sieben Wochen von Deutschland über Dänemark und Schweden bis nach Norwegen, 1800 Kilometer – das bedeutete alle paar Tage Quartier-Wechsel. Mit Lastern musste das Equipment über Fjorde und schneebedeckte Bergpässe transportiert werden. Im Film wie in der Realität wechselten ständig die Fortbewegungsmittel: Flugzeug, Zug, Auto, Fähre, Mofa, Fahrrad, Heißluftballon, Hurtigruten-Schiff – ganz unter dem Motto: eine verrückte Reise in die Mitternachtssonne. Diese schien aber nur selten. „In Bergen hat es nur geregnet und ich habe für einen einzigen Satz, den ich sagen musste, 16 Stunden im kompletten Schlämmer-Outfit warten müssen“, erinnert sich Kerkeling.
Foto: ZDF / Hans-Joachim Pfeiffer
Ansonsten seien es für ihn, „ohne die Last einer Hauptrolle auf meinen Schultern“ 12 stressfreie Drehtage gewesen – „auch wenn ich mehr in der Maske gesessen, als vor der Kamera gestanden habe.“ Kerkeling spielt Gisela, die Fernsehglücksfee des Ratesenders „6 ½ Live“, die Schlagersängerin Uschi Blum und den Kult-Reporter Horst Schlämmer. Mit falschen Zähnen, Perücken, Bauch- oder Brust-Prothese frönt er der Lust an der Verkleidung. „Die extremen Figuren bereiten mir größere Freude und die Masken machen mir wahnsinnig Spaß, weil ich mich dadurch komplett von meiner Person verabschieden kann“, erklärt Kerkeling. „Denn ich empfinde mich manchmal als anstrengend – und nach der Rückverwandlung von Horst in Hape bin ich dann wieder ganz zufrieden mit mir.“
Die Hauptrollen, in dieser köstlich überdrehten Nonsens-Komödie um einen ratespielsüchtigen Hartz-IV-Empfänger, der einen Fjord in Norwegen gewinnt und sich ohne Geld gen Norden aufmacht, haben Jürgen Tarrach und Anneke Kim Sarnau übernommen. Zwischen Elchen und Bären, nordischem Traumschiff und Nudistencamp mutiert das Road-Movie zunehmend zum absurden Versteckspiel vermeintlich grenzdebiler Erwachsener. Da kann auch der sich unglücklich verliebende Horst Schlämmer nicht anders – und kippt sich einen hinter die Binde.
Kerkeling wollte seinen Schlämmer nicht überstrapazieren. Deshalb die Pause. Sicher auch, weil sein Drei-Millionen-Bestseller „Ich bin dann mal weg“ nicht nur das Motto für seinen TV-Rückzug vorgab, sondern auch weil der Künstler nach der Erfahrung mit dem Jakobsweg künftig andere Prioritäten setzen wird. „Ich habe mir eine schöne Unabhängigkeit erarbeitet“, sagt er. Und so kann es sich der 44-Jährige leisten, ungewöhnliche Angebote anzunehmen wie die Moderation der ZDF-Doku-Reihe „Geschichte der Welt“. (Text-Stand: 21.1.2009)