Es ist schade, dass dieser Film auf seinem Sendeplatz nur wenig Zuschauer erreichen wird, und so wird sich die unausgesprochene Prophezeiung am Ende selbst bestätigen: Erst wird das Werk wegen der vermuteten mangelnden Mehrheitsfähigkeit in der Nacht terminiert; anschließend lässt sich die Entscheidung mit der überschaubaren Quote rechtfertigen. Dass die stille Komödie bereits 2008 entstanden ist (Redaktion: Doris Heinze), macht die Sache nicht leichter. Aber selbst wenn „Ein Job“ höchstwahrscheinlich nicht mal den Durchschnitt des „Filmmittwochs im Ersten“ erreicht hätte: Christian Görlitz’ Adaption des gleichnamigen Romans von Irene Dische ist mehr als bloß Nischenfernsehen. Wie gut schon allein sein Drehbuch gewesen sein muss, zeigt nicht zuletzt die Mitwirkung von Vanessa Redgrave. Hauptdarstellerin ist allerdings die Ukrainerin Viktorija Malektorovych, die schon die Hauptrolle in dem Görlitz-Drama „Mutterglück“ gespielt hatte. Hier verkörpert sie die als „Killerkatze aus Charkow“ berüchtigte Profikillerin Viktorija, der die mächtige deutsch-russische Mafia die Flucht aus dem Gefängnis ermöglicht, weil sie in der Hansestadt den titelgebenden „Job“ erledigen soll. Die Aufgabe rückt jedoch in den Hintergrund, als Viktorija eine alte Dame kennenlernt und feststellt, dass das Leben mehr zu bieten hat als nur den Tod.
Schon allein die gemeinsam Szenen von Malektorovych und Redgrave sind sehenswert, wobei die zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 71 Jahre alte britische „Oscar“-Preisträgerin die dankbarere Rolle hat: Die Jüdin Hannah Silbergrau hat einst im Konzentrationslager ihre gesamte Familie verloren, ist aber trotzdem von einer ansteckenden Lebensfreude und pflegt sich von Zeit zu Zeit Motorboote „auszuleihen“, um das Hamburger Hafenbecken unsicher zu machen. Sie lebt auf einem Hausboot, und weil Viktorijas Auftraggeber Bollinger (Martin Brambach) die Ukrainerin auf einem maroden Schiff unterbracht hat, sind die beiden Frauen quasi Nachbarinnen. Ihr Mittelsmann ist der melancholische Kurde Azad, eine Art Hausmeister, der sich prompt in Viktorija verliebt; Maxim Mehmet, Görlitz’ Hauptdarsteller in der unmittelbar zuvor entstandenen Musikkomödie „Fleisch ist mein Gemüse“, hat hier erneut Gelegenheit zu beweisen, was für ein ausgezeichneter Schauspieler er ist.
Die auffälligste Rolle neben Redgrave spielt Martin Brambach, hier in seiner Paradedisziplin als jovialer Befehlshaber, der lauthals über die eigenen Witze lacht, aber übergangslos die Maske fallen lässt, wenn die Dinge anders laufen, als er sich das vorstellt. Bollinger hat Viktorija engagiert, um dem russischen Partner Boris (Roth) einen Denkzettel zu verpassen. Als sie sieht, wen sie ermorden soll, bekommt selbst die abgebrühte Auftragsmörderin Skrupel: Es handelt sich um Boris’ Frau Raisa (Steinhäuser) und die beiden kleinen Töchter. Außerdem findet sie raus, dass Raisa ihren Mann just am Tag ihres geplanten Ablebens verlassen will; die entsprechende Demütigung würde den Mann vermutlich viel mehr treffen als ihr Tod.
Gelegentliche Slapstick-Momente, für die zumeist Volker „Zack“ Michalowski (als Bollingers Handlanger) zuständig ist, verwässern die Qualität des Films etwas, zumal sie nicht recht zum nachdenklichen Tonfall der Geschichte passen. Zwar ist der Klingelton des Telefons, das Bollinger Viktorija in die Hand drückt, nur bedingt subtiler, doch es ist durchaus witzig, wenn in allen möglichen unpassenden Momenten die „Internationale“ ertönt. Davon abgesehen gibt es eine Vielzahl von Gründen, die für den Film sprechen. Unter anderem hat Görlitz, einst für „Freier Fall“ mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet, gemeinsam mit seinem Team wunderbare Drehorte gefunden, auch wenn Kameramann Johannes Geyer die Stadt bewusst nicht von ihren schönsten Seiten zeigt. Die Musik schließlich ist eine reizvolle Mischung aus Polka und Bandoneon-Klängen, die großen Anteil an der eigentümlichen Stimmung des Films hat.