Hedwig Courths-Mahler – sofort denkt man an triefende Süßlichkeit, an eine Rosamunde Pilcher der vorletzten Jahrhundertwende, an eine Zeit, wo Frauen noch zum männlichen Besitz gehörten. In den 70er Jahren ist es gelungen, einige Romane der Erfolgsautorin, die in 34 Jahren 208 Bücher mit einer Auflage von 800 Millionen Exemplaren schrieb, zu recht passablen TV-Rührstücken zu verfilmen. Namhafte Regisseure wie Peter Beauvais und Tom Toelle nahmen sich der Trivialautorin an und Schauspieler wie Sabine Sinjen und Ulli Philipp schmachteten um die Wette. Über 30 Jahre später, in einer Zeit, in der herzerwärmende Stoffe mehr denn je en vogue sind, musste die Gartenlauben-Autorin wiederentdeckt werden. Doch nicht als Reihe à la Pilcher bringt das ZDF Courths-Mahler unters Fernsehvolk, sondern mit einem Zweiteiler, der die Liebesgeschichte zwischen einem Grafen und einer herzensguten Bürgerstochter mit stimmiger Melodramatik, filmischer Präzision, exquisiter Besetzung adelt.
Es bedurfte einiger Veränderungen, um die Geschichte der Erzieherin Eva Hermsdorf und Graf Rudolph von Plessen und der Intrige gegen jenen jungen Adligen, der annimmt ein Mörder zu sein und an dieser Schuld zu zerbrechen droht, den heutigen Sehgewohnheiten und sozialen Gepflogenheiten anzupassen. Die gespreizte und pathetische Sprache musste runderneuert werden. Für Silke Zertz galt dabei: „Patina dürfen die Worte haben, verstaubt dürfen sie nicht sein.“ Die Schauspieler liebten die Sprache des Drehbuchs, Sätze wie „Eine grauenhafte Schuld lastet auf mir und wird sie wieder von mir reißen” seien wunderbar, so Tim Bergmann, der männliche Hauptdarsteller. Neben der Sprache hieß es für Zertz auch die Handlung und die Charaktere zu verändern. „Wir mussten unsere Figuren behutsam modernisieren, vertiefen, um sie nicht zu verraten, neue Figuren einführen, und insgesamt straffer, präziser, humorvoller werden als die Vorlage.“ Mit Pilcher hat das nichts zu tun. „Wir wollten, dass das Ganze nicht im Rahmen schöner Bilder vor historischer Kulisse bleibt, sondern dass es um Menschen geht, die in ihrer Wahrhaftigkeit überzeugen“, so Bergmann.
Foto: ZDF
Das Auffallendste an diesem sehr sorgfältig produzierten Zweiteiler von Jörg Grünler, einem Mann für gehobenes Gefühlsfernsehen, dessen Kamera, Lichtdramaturgie und Ausstattung das Melodram zu einem Fest für die Augen machen, ist die ungewöhnliche Besetzung. Neben bekannten Schauspielern wie Tim Bergmann, Natalia Wörner, Devid Striesow und Cornelia Schmaus sehen wir aufstrebende Talente wie Paula Kalenberg, Max von Pufendorf und die Hauptdarstellerin Pauline Knof. „Meine Eva ist eine kraftvolle, trotzdem warmherzige Frau, nicht so ein Naivchen, das durch die Welt geschubst wird und unter die Räder gerät“, charakterisiert sie ihre Figur. Knof ist die Entdeckung des Films. „Sie hat etwas Historisches in ihrem Gesicht“, sagt Casterin Nessie Nesslauer. Für „Durch Liebe erlöst“ hat sie ganze Arbeit geleistet. Überzeugend und glaubwürdig spielen aber mussten die Darsteller. Dabei besonders hilfreich war offenbar die historische Kleidung. Knof musste ständig ein Korsett tragen. „Hinzu kamen Stehkragen, dünne Blusen, unzählige Unterröcke – da war von meinen gewohnten Bewegungsabläufen nicht mehr viel zu sehen, und ich bewegte mich dann wirklich ziemlich geziert, grazil und elegant“, sagt sie. Kleidung hatte damals viel Haltung zu tun. Contenance war der Begriff der Zeit.