Duell in der Nacht

Korrupte Welt im Kammerspiel-Format. Iris Berben & Jürgen Vogel im Clinch

Foto: ZDF / Mathias Bothor
Foto Rainer Tittelbach

Die Nacht zieht auf über dem Frankfurter Bankenviertel. Die Kamera umkreist Hollywood-like die Skyline. Dazu ertönt der coole Jazzschlager „Night and Day“. Bereits im Vorspann zeigt sich, dass „Duell in der Nacht“ kein gewöhnlicher Fernsehfilm ist. Matti Geschonneck und Daniel Nocke gelingt mit diesem Alles-in-einer-Nacht-Drama ein ebenso kluges wie spannendes Gesellschaftsstück, das von einem großartigen Ensemble getragen wird.

Der Tag neigt sich, die Nacht zieht auf über dem Frankfurter Bankenviertel. Die Kamera umkreist die Skyline, wie man es von Hollywood her kennt. Dazu ertönt der coole Jazzschlager „Night and Day“. Bereits im Vorspann zeigt sich, dass „Duell in der Nacht“ kein gewöhnlicher Fernsehfilm ist. Viel Atmosphäre wird in den ersten Bildern heraufbeschworen und es wird eine magische Stimmung erzeugt, die von den Schauspielern aufgenommen wird. Bald schaut man hinter die Fassaden, in einen Mikrokosmos eines korrupten Sozialgefüges. „Ein Gesellschaftsstück“, sagt Regisseur Matti Geschonneck. „Ein Stück Welt als Kammerspiel“, so umschreibt ZDF-Redakteur Daniel Blum den Film.

Bereits einen Tag nach dem Mord an einem Polizisten hat die Polizei den mutmaßlichen Täter dingfest gemacht. Ein neuer Kollege, der als unbestechlich gilt, soll den Mann noch am Abend zum Reden bringen. Sein Chef will den Fall schnell zu den Akten legen. Warum, das kann sich Kommissar Birke denken: der tote Polizist wollte die Korruption bei der Frankfurter Polizei aufdecken. Seine Aussage hätte so manchem aus Wirtschaft und Polizei die Karriere gekostet. Der Verdacht liegt also nahe, dass der kleine Verbrecher als Bauernopfer herhalten muss. Als die Gattin eines einflussreichen Immobilienhais als sein Alibi ins Spiel kommt, verlagert sich der Schauplatz vom Polizeipräsidium in ein Nobelhotel.

Duell in der NachtFoto: ZDF / Mathias Bothor
Mainhattan. Idealist und Einzelgänger Birke (Jürgen Vogel) hat nur eine Nacht für diesen Fall – und er wird sich noch wundern.

Es ist eine fremde, seltsame Welt, in die der Zuschauer entführt wird. Sie ist kühl und rätselhaft, sie ist übersichtlich und doch schwer zu fassen. In dieser Welt gilt das Gesetz des Stärkeren. Frauen müssen auf diesem männlichen Parcours ein besonders raffiniertes Verhalten entwickeln, wenn sie überleben wollen. Isabel Wellingsen beherrscht das Spiel der schönen Frau an der Seite eines mächtigen Mannes perfekt. Frei von moralischen Überlegungen scheint sie sich in ihrer lieblosen Ehe arrangiert zu haben mit einem Mann, dessen Geschäfte sie verachtet. Iris Berben spielt diese von Dämonen getriebene Frau – und sie tut es mit mehr als nur einem Lächeln. Kommissar Birke hat indes weniger zu lachen. Er, Idealist und Einzelgänger, den Jürgen Vogel mit kantigem Pokerface spielt, wird lange unterschätzt von Wellingsen und Birkes Chef, den Drahtziehern eines perfiden Komplotts. Bis auf die Polizistin Mechthild Adler (stark: Ina Weisse), die ihren Platz in der männerbündelnden Welt noch nicht gefunden zu haben scheint, sind die Rollen klar verteilt – und doch weiß man bei diesem Katz-und-Maus-Spiel nie, wer am Ende der Dumme sein wird.

„Halb so viele Szenen wie ein übliches Drehbuch, dialogstark, wenige Schauplätze, ein überschaubares Ensemble“, so charakterisiert Matti Geschonneck das Drehbuch des dreifachen Grimme-Preisträgers Daniel Nocke. Es ist wie gemacht für einen Regisseur, der Reduktion und formale Klarheit sucht, um die Kompliziertheit des menschlichen Zusammenlebens umso tiefer auszuloten. Das „Duell in der Nacht“ ist ein Duell der Worte. Autor Nocke hat einige Anleihen bei der französischen „Série Noire“ genommen, Claude Millers „Das Verhör“ soll ihm die Nur-eine-Nacht-Struktur gewiesen haben. „Die Geschichte bot mir überraschende Einsichten in menschliche Abgründe“, so Geschonneck. Mehr sollte man nicht verraten. Man darf sich überraschen und beeindrucken lassen – auch von einer Kamera (Martin Langer) und einer Ausstattung (Bernd Gaeblers letzte Arbeit), so gut, wie man sie selten sieht im deutschen Fernsehen. (Text-Stand: 7.1.2008)

Duell in der NachtFoto: ZDF / Mathias Bothor
Wunderbar zeitlose Duelle in nur einer Nacht liefern sich die Charaktere. Ina Weisse, Jürgen Vogel und Iris Berben

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Fernsehfilm

ZDF

Mit Jürgen Vogel, Iris Berben, Ina Weisse, Uwe Kockisch, Thomas Thieme, Peter Lerchbaumer

Kamera: Martin Langer

Schnitt: Inge Behrens

Musik: Ralf Wienrich

Soundtrack: Ella Fitzgerald („Night and day“)

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Daniel Nocke

Regie: Matti Geschonneck

Quote: 6,62 Mio. Zuschauer (19,4% MA); Wh. (2010): 4,90 Mio. (17% MA)

EA: 07.01.2008 20:15 Uhr | ZDF

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