Ein Baby wird illegal zur Adoption freigegeben. Ein Kinderarzt und seine Frau haben es „erworben“. Die leibliche Mutter des Kindes wird 14 Monate nach der Geburt ermordet… Capitano Marvilli, ein sizilianischer Heißsporn, zählt eins und eins zusammen und führt eine Nacht-und-Nebel-Verhaftung des Kinderarztes durch, die nur wenig mit Brunettis Rechtsempfinden zu tun hat. Der Commissario versucht, den Carabinieri vom Festland auszubremsen, erkennt aber, dass sich hinter dem ungehobelten Auftreten ein guter Polizist versteckt und bietet ihm die Zusammenarbeit an. Bei ihren Ermittlungen stoßen sie unter anderem auf einen fanatisch gläubigen Apotheker und einen politischen Rechtspopulisten und dessen Tochter, die angeblich unfruchtbare Frau des verdächtigen Kinderarztes.
Die Story dieser Donna-Leon-Verfilmung interessant nachzuerzählen, ohne zu viel zu verraten oder sich im Detail zu verlieren, ist kaum möglich. Das gleiche Problem spiegelt sich in der aktuellen Episode, die dramaturgisch mal wieder alles andere als eine Meisterleistung ist. Der Film plätschert dahin, so wie die Gondeln durch den Canale Grande gleiten – das alles stört nicht weiter und ist hübsch anzuschauen. Gut ins Bild (der coolen Sonnenbrillenträgern) passt auch Sunnyboy Gregor Törzs. Andererseits verlieren sich Brunetti & Co im wortreichen Kleinklein der Ermittlungsarbeit. Dabei wird mit den italienischen Namen der Verdächtigen jongliert, die sich kein Zuschauer merken kann, und jeder Gang, wohin auch immer, wird zur Sonne überfluteten Staatsaktion.
Nur zwei Dinge in „Lasset die Kinder zu mir kommen“ entfalten ihre ganze Wirkkraft: der Glamour Venedigs und Brunettis Charisma, das seinem Hauptdarsteller zu verdanken ist. Besonders gelungen anzusehen ist Elettras Dauerflirt mit Brunetti, dafür sind Vice-Questores Zwischenspiele Komikattacken mit Uraltlavendeldurft, die etwas zu offensichtlich die These unterstreichen, dass sich ältere Menschen (also öffentlich-rechtliche Zuschauer) geistig zum Kleinkind zurückentwickeln. Einmal reibt man sich noch die müden Augen, als Frauentränen über Nadeshda Brennickes Wangen fließen, nachdem sich der Commissario als Botschafter der Moral ins Zeug legte und über die Schlechtigkeit der Menschheit philosophierte.