Da die „Donna Leon“-Filme stets im Doppelpack gedreht wurden, war die Rolle des Commissario Brunetti auch im zweiten Film noch neu für Hauptdarsteller Uwe Kockisch („Feinde Freunde“ ist zusammen mit dem als Kockischs Premiere ausgestrahlten Krimi „Venezianisches Finale“ entstanden); deshalb ist noch ein gewisses Fremdeln zu spüren. Schon wenige Fälle später hatte sich Kockisch den Commissario derart perfekt angeeignet, dass sein Vorgänger Joachim Król, der ebenfalls gut zu der Figur gepasst hat, vergessen war. Heute verkörpert er ihn derart reduziert, dass von „Spielen“ fast keine Rede mehr sein kann.
Ähnlich groß sind die Unterschiede in der Inszenierung, obwohl „Feine Freunde“ bereits der vierte Beitrag von Regisseur Sigi Rothemund war; er hat mit Ausnahme der ersten beiden sämtliche Donna-Leon-Adaptionen verfilmt. Die Bilder (Kamera, wie stets bei Rothemund: Dragan Rogulj) sind deutlich düsterer als in den jüngeren Episoden, viele Szenen spielen im Zwielicht. 2005 hat Produzentin Katharina M. Trebitsch die Reihe an Nico Hofmann und sein Unternehmen teamWorx übergeben. Fortan bekamen die Geschichten und ihre Umsetzung ein anderes Gesicht; Hofmann sorgte dafür, dass die Sehbedürfnisse der Zuschauerinnen stärker berücksichtigt wurden, was auch zur Folge hatte, dass die Bilder freundlicher wurden.
„Die Darsteller wirken mal wieder so hölzern wie die Pfähle unter der Lagunenstadt… Venedig sehen – und schnarchen“ (TV-Spielfilm)
„Feine Freunde“ ist dagegen noch geprägt von jener Stimmung, die ein prägendes Stilmittel der Romane ist. Viele Szenen spielen nachts oder im Zwielicht, auch Ausstattung und Kostüm arbeiten mit gedeckten Farben; selbst das Sonnenlicht wirkt kühl (die Dreharbeiten fanden im Winter statt). Auch in den Dialogen kommt die typische venezianische Morbidität zum Ausdruck, wenn Brunetti die Stadt beispielsweise als Potemkinsches Dorf bezeichnet, das hinter den Fassaden längst verrottet sei. Entsprechend freudlos ist die Botschaft der Geschichte („Eine Hand wäscht die andere“): Ein Mitarbeiter des Katasteramts eröffnet den schockierten Brunettis, dass für ihre Dachwohnung keine Baugenehmigung vorliege, weshalb sie womöglich abgerissen werden müsse. Kurz drauf stürzt der Mann von einem Gerüst. Da Brunetti weiß, dass der Beamte unter Höhenangst litt, glaubt er nicht an einen Unfall, und weil er trotz des Widerstands seines Chefs Patta (Michael Degen) nicht locker lässt, kommt er tatsächlich einer Korruption in großem Stil auf die Spur. Patta muss ihn notgedrungen gewähren lassen, denn er hat es allein Brunetti zu verdanken, dass sein Sohn nach einer Festnahme wegen Drogenhandels mit einem blauen Auge davonkommt.
Reizvoll ist „Feine Freunde“ nicht zuletzt wegen der Gastdarsteller. Thomas Thieme zum Beispiel, damals noch längst nicht so oft im Fernsehen präsent wie heute, spielt den einflussreichen Besitzer jener Disco, in der Pattas Sohn verhaftet worden ist. Eine kleine Nebenfigur beschert ein Wiedersehen mit Monika Bleibtreu als Kredithai, und Christoph Bach ist in einer seiner ersten Rollen fast ohne Dialog als Junkie zu sehen. (Text-Stand: 2003)