Rosina Lorenz heißt die Heldin des Fernsehfilms „Die Sterneköchin“. Ein seltsamer Name. Vorne große italienische Oper, hinten deutscher Durchschnitt. Beide Seiten sind ihr nicht fremd. Jahre lang war sie bodenständig, hat sich brav als Imbissbudenperle etwas zusammengespart. Jetzt will sie ein neues Leben beginnen. Auslöser ist ein Lottogewinn – und was für einer! Sie hat den Jackpot geknackt. Über acht Millionen Euro liegen plötzlich auf ihrem Konto. Doch so richtig glücklich ist sie zunächst nicht damit. „Sie sind Besitzerin und Gefangene der Millionen“, prophezeit ihr die Frau von der Lottogesellschaft.
„Die Sterneköchin“ gehört zu jener Sorte von Filmen, die man gerne öfters sehen würde im Fernsehen. Eine unaufgeregte, kleine Komödie, die das Leben und das Unterhaltungsbedürfnis des Zuschauers gleichermaßen ernst nimmt. Was zunächst in die Richtung „Reichtum macht nicht glücklich“ geht, schwenkt bald um in eine unprätentiöse Selbstfindungsgeschichte. Die NDR-Fernsehspielchefin Doris J. Heinze, die mit ihren bisherigen Büchern wenig überzeugen konnte, zeigt frei nach einem Roman von Barbara Mettbach, wie eine Frau, Ende 30, das Leben und deren Möglichkeiten neu entdecken muss. Bisher bestimmte der pragmatische Lebenskampf einfach alles – jetzt heißt es auf einmal Sinnsuche. Und die findet die Frankfurterin in der Toskana. Leidenschaftlich gern gekocht hat sie schon immer. Bei einem Kurzurlaub kommt sie auf die Idee, die ihr Leben fortan bestimmen soll: sie will ein italienisches Lokal eröffnen – gutes Essen in heimeligem Ambiente. „Lorenz“ war gestern. Es lebt „Rosina“, eine Frau, die etwas wagt.
Foto: HR
Das Wunderbare an dieser Geschichte ist, dass sie eine lebensbejahende Botschaft unaufdringlich miterzählt, ohne in die Nähe des Gutmenschelnden zu geraten. „Bald werden Sie nicht mehr wissen, wer Ihre wahren Freunde sind.“ Diesen Satz der Dame vom Lotto hat sie sich gemerkt. Nur ihrer besten Freundin erzählt sie von ihren Millionen. Das ist klug von Rosina, aber auch dramaturgisch oberschlau. So behält die Heldin bis zum Ende alle Fäden in der Hand und kann sich ganz auf ihre Entwicklung konzentrieren. Sowohl die Abrechnung mit dem italienischen Macho-Freund, der vor dem Geldsegen ihr Sparbuch geplündert hat, um selbst einen Gourmet-Tempel zu eröffnen, als auch die großzügigen Geschenke, die eine Frau wie Rosina irgendwann machen muss, diese für den Zuschauer so lustvollen Momente hebt sich Heinze lange auf. Damit reizt sie die Möglichkeiten des Plots voll aus. Als Zuschauer ist man im Bilde. Wie Rosina fühlt man sich deshalb fast selbst wie ein Lotto-Millionär.
Der Geschichte steht das Ensemble nicht nach. Komödien mit Hintersinn sind die Spezialität von Regisseur Manfred Stelzer. Pierre Besson ist köstlich als Inbegriff des netten Menschen von nebenan, Claudia Geisler und Tina Engel sieht man leider viel zu selten auf dem Bildschirm und Uwe Rohde gibt seinen Imbissbesitzer mehr als glaubwürdig. Dreh- und Angelpunkt dieser HR-Produktion ist aber Inga Busch. Die hoch gewachsene Berliner Schauspielerin, in deren Attraktivität sich immer etwas leicht Schräges, Unkonventionelles mischt, konnte in „Die Sterneköchin“ die Rolle ihrer „Polizeiruf“-Lokalbesitzerin an der Seite von Jan-Gregor Kremp noch verfeinern – auch weil einmal nicht Mord und Totschlag die Zutaten sind. (Text-Stand: 11.4.2008)