Der finanziell angeschlagene Anwalt Friedrich Mühlbichler schneit in das Leben der wohlhabenden, alleinstehenden Polina Sieveking. Die Frau von Welt ist angetan von diesem Mann, der so plötzlich, wie er aufgetaucht ist, wieder verschwindet. In einem schäbigen Hotel spürt sie ihn später auf, stellt aber keine Fragen, will keine Erklärungen. Mühlbichler indes hat eine Bitte: sie soll für ihn im Casino spielen. Ihr Horoskop sei günstig, sie werde gewinnen, prophezeit er ihr. Und tatsächlich kommt sie mit dem fünffachen Einsatz vom Spieltisch zurück. Polina findet Gefallen an dem Spiel(en) mit Zahlenreihen und Wahrscheinlichkeiten. Das Glück ist ihr anfangs hold & so macht sie den Roulettetisch zum Zentrum ihres Lebens.
„Die Spielerin“ zeigt, frei nach Dostojewski, wie es gehen kann: Wie ein Mensch plötzlich vom Spiel gepackt wird. Aus der Leidenschaft wird eine Sucht, die das Glück, deren Suche ein ganzes Leben dauern kann, in den Bruchteilen einer Sekunde fassen möchte. Alle Intensität wird in diesen einen Moment gelegt: wenn die Kugel fällt. Psychologisch erklärt das Drehbuch von Fred Breinersdorfer so gut wie nichts. Muss auch nicht sein. Die Schlag-auf-Schlag-Dramaturgie, die nicht mit der aufgesetzten Betroffenheitsgeste beim Zuschauer kalkuliert, unterstreicht, dass es jeden treffen kann. Dass es schnell geht. Dass es ein Mechanismus ist, dem Menschen, denen etwas im Leben fehlt, von einem Moment zum anderen erliegen kann.
Wer einem Spieler glaubt ist selber schuld. Das System von Selbstbetrug und Lüge funktioniert besser als jede „Serie“, jede „Kolonne“ oder jedes „System“, jene Spiel- und Überlebensstrategien, mit denen sich der Spieler Hoffnung macht. Auch einem Film über Spieler kann man nicht glauben. Deshalb verzichten Breinersdorfer und Regisseur Erhard Riedlsperger auf gut gemeinte Erklärungen. Ein Blick auf Hannelore Elsner (oder Erwin Steinhauer) sagt ohnehin mehr und genügt, um eine Ahnung zu bekommen vom Wesen der Spielsucht. Nervös die Bewegungen, aschfahl die Haut und die Kippen in Reichweite. Immer bleibt die Krankheit ein Stück weit unerklärlich. Wie schon in „Die Unberührbare“ zeigt Elsner die innere Zerrissenheit mit Mut, die sichtbaren Folgen ihres Alters zu nutzen. Die Schönheit Polinas ist dahin, was bleibt ist Verzweiflung. (Text-Stand: 17.6.2005)