Nicht schwer vorzustellen, wie da einige jener Fernsehmacher, denen Filmeproduzieren so viel bedeutet, wie eine neue Sorte Gummi-Bärchen auf den Markt zu bringen, brainstormend auf das Grundmotiv des TV-Movies “Die Hässliche” gekommen sind. Schönling aus einfachen Verhältnissen trifft hässliches, aber wohlhabendes Entlein, das sich für den Liebenden als Schwan entpuppt, während die Gesellschaft allenfalls in ihm den Goldesel zu sehen bereit ist. Weil das aber für 90 Minuten kaum reicht im konkurrierenden TV-Konzert der synthetischen Gefühle muss die Hässliche nicht nur äußerlich hässlich sein, sondern auch noch einen inneren Makel haben: “Wie wär’s mit Gehirntumor?”, fragt der Autor. “Super, da kann der Schöne seine Liebe beweisen!”, freut sich der Produzent. “Und Liebe über den Tod hinaus kommt immer gut”, kräht der Redakteur, “damit haben wir sicher ‘ne Mörderquote.”
Hässlichkeit als letzter Kick für TV-Voyeure? Nur der emotionale Knaller zählt im Geschäft der grellen Movie-Geschichten. So knallen auch Kai und Miriam in dem Melo von Käthe Niemeyer nach einem Buch des Autoren-Gespanns Horst und Eva Kummeth aufeinander. Zwei Welten. Das uneitle Mauerblümchen und der smarte Aufreißer. Er knallt ihr in die Rückfront, genauer: in die ihrer Luxuskarosse. Dann knallen die Vorurteile aus den beiden heraus: “Jetzt halt mal die Luft an, Du fette Qualle!” brüllt der schöne Kai. Darauf die Qualle: “Ich bin fett, ich bin hässlich – ich weiß das. Doch Ihre Hässlichkeit ist schlimmer: man sieht sie nicht!”
„Problemfilm in Gestalt eines rührseligen BRAVO-Fotoromans“ (TV-Spielfilm)
Dass zwischen diesen Sätzen und dem Bekenntnis “Unsere Liebe ist für die Ewigkeit” nur wenige Filmminuten liegen, dafür wird manch einer den beliebten Märchen-Begriff missbrauchen. Die Verlogenheit der ganzen Story stößt deshalb nicht weniger auf wie die Verlogenheit, die sich im Pressetext von RTL wiederspiegelt, wo es da heißt: “Warum wollen alle einen Partner, der aussieht wie aus einem Werbespot?” Das fragt man sich ausgerechnet beim Blondinen- und Model-Reklamekanal RTL. Selbst die ein oder andere nuanciert inszenierte Emotion, ein bestens disponierter Dietrich Hollinderbäumer in einer Nebenrolle oder das Newcomer-Paar Cornelia Saborowski und Sebastian Ströbel, bei dem es neben viel Schatten auch Lichtmomente gibt, kann den Gesamteindruck nicht verwischen: “Die Hässliche” ist ärgerlich, und dass das TV-Movie (2000!) zwischen die Dicken-Doku-Soap “Bibi & Rolli” gepackt wurde, macht das Ganze noch infamer. (Text-Stand: 29.1.2000)