Am Anfang stand ein Zeitungsartikel. Die Niere eines bei einem Selbstmordattentat ums Leben gekommenen Israeli sollte ausgerechnet einem Palästinenser das Leben retten. Autor Peter Zingler bekam vom ZDF den Auftrag, diesen politisch-moralischen Konflikt auf eine psychologisch-private Geschichte, die in Deutschland spielt, zu übertragen. „Zwei Männer werden Feinde und bleiben doch durch eine Transplantation miteinander verbunden“, bringt der Autor die Handlung des Fernsehfilms „Die Abrechnung“ auf den dramatischen Punkt.
Schicksalhaft werden die Lebensgeschichten zweier ungleicher Väter miteinander verbunden. Da ist Polizeireporter Robert Kurzeck, ein echter Profi in seinem Beruf, überall schleicht er sich ein, überall hin hat er Verbindungen. So hart gesotten er bei der Arbeit erscheint, so liebevoll begegnet er seiner Tochter. Sein Gegenspieler ist der Professor Karl-Heinz Haeßler, der durch Heirat zum reichen Unternehmer geworden ist, dem diese Schuhe aber nicht passen und dem auch die Krankheit seines Sohnes über den Kopf wächst. Er flüchtet in die Arme einer seiner Studentinnen. Doch auch von ihrer Seite erfährt er zunehmend Druck: die junge Frau ist schwanger. An jenem Abend, als sie ihm seine Vaterschaft mitteilt, überfährt er eine junge Frau. Es ist die Tochter des Reporters. Wenig später ist sie tot.
„Kurzeck will mit manischer Gier den Tod seiner Tochter aufklären, weil er nicht trauern kann. Durch seine Aktivität kann er eine Zeitlang verhindern, dass ihm die Realität des Verlustes bewusst wird.“ So erklärt Zingler die Psycho-Logik des Schuld-und-Sühne-Dramas und seiner die Handlung antreibenden Hauptfigur. Florian Martens spielt ihn als Getriebenen. Seinem Aktionismus entgegen steht Oliver Stokowskis Haeßler, der Zögerer und Zauderer, der sich zwischen Millionenerbin und junger Geliebter eingerichtet hat im Leben. Es ist ein ungleiches Duell, das sich in dem von Thorsten Näter routiniert inszenierten „Fernsehfilm der Woche“ zum spannenden Nervenkrieg auswächst. „Haeßler ist eher ein Beamter als ein Unternehmer, er ist feige und überfordert“, charakterisiert der Autor die passive Hauptfigur.
Peter Zingler übertreibt es mit der Handlung. Die tragische Verkettung wirkt überladen, die Geschichte überfrachtet. Eine geringfügige Kritik im Vergleich mit dem Vorwurf einer Fernsehzeitschrift, die behauptet, er habe die Story von Kinohit „21 Gramm“ abgeschrieben. Zingler, der sein Drehbuch fertig gehabt haben will, bevor der Film mit Sean Penn ins Kino kam, klagt gegen den Vorwurf. Egal, wie das Urteil ausgeht, eines steht fest: der Fernsehfilm mit seinem ambitionierten Realismus und der linearen Dramaturgie kann es mit dem poetisch-suggestiven Kinokunstwerk in keinem Moment aufnehmen.