Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf

Diese Zerbrechlichkeit, diese Porzellanfigur-Physiognomie – Franziska Petris Gesicht fasziniert

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Eine Frau glaubt, ihren verschwundenen Mann wiedergefunden zu haben. Wahn oder Amnesie? Faszinierende filmische Fingerübung, die nicht Jedermanns Sache sein dürfte.

Diese Zerbrechlichkeit, diese Porzellanfigur-Physiognomie, diese Fremdheit, die sie in ihre Züge zu legen vermag – Franziska Petris Gesicht nimmt einen 80 Minuten lang gefangen in Matthias Luthardts zweitem Langfilm. Es passiert wenig. Die äußere Handlung ist Spiegel für das, was im Inneren der Frau vor sich geht. Vor über einem Jahr ist ihr Ehemann verschwunden. Eines Abends in der Oper steht sie ihm plötzlich wieder gegenüber. Jedenfalls glaubt sie es. Sie umarmt ihn, sie küsst ihn, sie ist sich absolut sicher, dass es ihr Robert ist. Der Mann, der sich als Torben ausgibt, wohnhaft in Australien, ist fasziniert von dieser Frau. Oder ist es alte Liebe, die wieder aufkeimt? „Ich bin sicher, dass ich dich kenne, vielleicht aus meinen Träumen“, sagt er. Für Helene steht fest, dass ihr Mann vor ihr steht. Wahrscheinlich hat er nach einem Unfall sein Gedächtnis verloren. Sie will mit ihm schlafen, bricht in einen Heulanfall aus, sucht das Weite und kommt wieder zu ihm zurück. Gewissheit bringt allein der Tod.

Der Tag, an dem ich meinen toten Mann trafFoto: SWR
Franziska Petri: diese Zerbrechlichkeit, diese Porzellanfigur-Physiognomie, diese Fremdheit, die sie in ihre Gesichtszüge legt.

„Der Tag, an dem ich meinen toten Mann traf“ beantwortet die Frage, ob sich diese Frau die Identität ihres Mannes nur einbildet, weil sie sich ihn herbeisehnt, oder ob er nicht vielleicht doch der verschollene Ehemann sein könnte, zunächst nicht eindeutig. Doch diese Frage und Franziska Petri sind es nicht allein, die einen hineinziehen in diesen sich zunehmend zu einem Eine-Nacht-Zwei-Personen-Stück entwickelnden Film: die Reduktion auf die Wahrnehmung als existenzielle Größe und – damit verbunden – ein ästhetisch beredtes Wahrnehmungsspiel auch für den Zuschauer geben dem Film etwas Magisches. „Jede Einstellung erzählt auch etwas über den Seelenzustand meiner Hauptfigur“, sagt Regisseur Luthardt, dessen preisgekrönter Debütfilm „Pingpong“ eine ebensolche hohe sensitive Qualität besaß.

Dass sich Innenwelten in den Bildern spiegeln, hat seinen guten Grund: Der Film ist entstanden nach einem Roman, der sich hauptsächlich im Kopf der weiblichen Hauptfigur abspielt. Johanna Stuttmann, die auch das Drehbuch zu „Nacht vor Augen“ schrieb, dem überragenden Auftaktfilm der diesjährigen „Debüt im Dritten“-Reihe, adaptierte die Vorlage. Eine faszinierende filmische Fingerübung, die nicht Jedermanns Sache sein dürfte. Das, was Regisseur Matthias Luthardt letztlich an der Geschichte interessierte, war diese eigenwillige Frau: „Sie ist eine jener Menschen, die nicht einknicken vor dem, was die Außenwelt als ‚Wahrheit’ definiert, weil sie der Stimme ihrer eigenen, gefühlsgesteuerten inneren Wahrheit folgen.“

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Kinofilm

SWR

Mit Franziska Petri, Pasquale Aleardi, Harry Blank, Sandra Borgmann

Kamera: Christian Marohl

Szenenbild: Benedikt Herré

Schnitt: Florian Miosge

Musik: Matthias Petsche

Produktionsfirma: Eikon Media

Drehbuch: Johanna Stuttmann

Regie: Matthias Luthardt

EA: 27.10.2009 22:30 Uhr | SWR

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