Der Mann auf der Brücke

Lerchbaumer, Kampwirth, Michelsen. Politik im Jahr des Bundestagswahlkampfs

Foto: HR / Krause-Burberg
Foto Rainer Tittelbach

Rolf Silbers TV-Komödie mit sozialkritischem Kern und reichlich Klischees: Politik ist ein schmutziges, Privatleben ein schwieriges Geschäft – und Filme darüber zu machen ist auch nicht leicht. Zwei köstliche Szenen machen jedenfalls noch keinen guten Film!

Ein Lebensmüder wird zum Lebensretter. Gerade setzt Bernie Berninger zum Todessprung von einer Main-Brücke an, da kommt ihm ein Schiff in die Quere und dann ist da auch noch ein Junge, der über Bord gegangen ist. Der alte Mann rettet ihn und wird zum Helden. Bei dem Jungen handelt es sich um Lukas Tornow, den Sohn des verwitweten Oberbürgermeisters von Frankfurt. Da der mitten im Wahlkampf steckt, ist seinen Beratern jedes Thema recht, um Sympathiepunkte bei der Bevölkerung zu sammeln. Nachdem Berningers Kiosk von dem Frankfurter Baulöwen, der auch Tornows Wahlkampf finanziert, platt gemacht wurde, ist indes zunächst die Gegenkandidatin im Aufwind. Tornow kontert und lässt den Obdachlosen in seine Villa einziehen. Doch der erweist sich wenig wahlkampfförderlich.

„Der Mann auf der Brücke“ ist ein Versuch, im Bundeswahlkampfjahr die Politik einzubinden in eine TV-Komödie mit sozialkritischem Kern. Politik unterhaltend und zugleich dramatisch und ernsthaft mit der Fernsehfiktion zu koppeln, hat hierzulande noch nie funktioniert. Dieter Wedel („Die Affäre Semmeling“) und die Macher des „Kanzleramts“ können ein Lied davon singen. Rolf Silber ging es deshalb weniger um die Machenschaften der Politik als vielmehr um ein paar Klischees aus der politischen Praxis, mit denen er seine Geschichte um Freundschaft und Solidarität konterkarieren konnte. Der Film bestätigt einmal mehr, dass Politik ein schmutziges Geschäft ist, ein Spiel mit Macht und Medien. Mit Gemeinplätzen unterfüttert der Autor und Regisseur in Personalunion auch die Beziehungen. „Die Stadt will regiert werden“, tönt Tornow – doch im eigenen Heim hängt der Haussegen schief.

Der Mann auf der BrückeFoto: HR / Krause-Burberg
Gebt doch dem Mann am Klavier noch ’n Bier. Peter Lerchbaumer als suizidaler Frankfurter Lebensretter Bernie Berninger

Dass der Frankfurter Rolf Silber in Sachen Komödie ein alter Hase ist, zeigt sich gelegentlich aber doch. So rührselig die Läuterung des arbeitswütigen Oberbürgermeisters auch eingeläutet und so kitschig mit der doppelten Rettung gespielt wird – es gibt durchaus ein paar witzige Momente in „Der Mann auf der Brücke“. Dem Wiener in Frankfurt, Peter Lerchbaumer, vielen bekannt als Chef des gerade in Auflösung befindlichen Frankfurter „Tatort“-Kommissariats um Jörg Schüttauf und Andrea Sawatzki, hätte man ruhig noch etwas mehr Wiener Schmäh und Schärfe in seine Rolle schreiben dürfen. Sein kabarettistisches Couplet über den Berufsstand des Politikers ist jedenfalls eine willkommene Abwechslung in einem Film, der sich zu sehr mit der vordergründigen Handlung abmüht. Angenehm zurückhaltend auch das Spiel von Stephan Kampwirth und Claudia Michelsen als politische Gegenspieler mit privaten Gemeinsamkeiten. Den beiden gehörte denn auch die witzigste Szene des Films: auf der Flucht vor der Presse finden sie sich beim gemeinsamen Dinner plötzlich unter dem Tisch wieder. Mehr von solch schräger Situationskomik hätte der etwas zähflüssigen Komödie gut getan.

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Fernsehfilm

HR

Mit Peter Lerchbaumer, Stephan Kampwirth, Claudia Michelsen, Henry Stange, Nele Mueller-Stöfen, Tim Seyfi, Wolfram Koch, Heinz-Werner Kraehkamp

Kamera: Dominik Schunk

Szenenbild: Anette Reuther

Schnitt: Carmen Vieten

Musik: Peter W. Schmitt

Produktionsfirma: Hessischer Rundfunk

Drehbuch: Rolf Silber

Regie: Rolf Silber

EA: 26.08.2009 20:15 Uhr | ARD

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