Eine attraktive Studentin, ein (hüft)steifer Richter und ein freigeistiges Ärzteehepaar geraten in eine ménage à quatre. Wie in einer Versuchsanordnung spielt Autor und Regisseur Torsten C. Fischer die amourösen Optionen seines menschlichen Ausgangsmaterials durch. Schon im gleichnamigen Roman von Dieter Wellershoff, dem der (Kino-)Film akribisch folgt, ging es mehr um einen Diskurs der Liebe als um Menschen aus Fleisch und Blut. Was im Roman höchst lesenswert war, wird im Film mitunter zu einer beschwerlichen Angelegenheit.
Psychologisieren Fernsehfilme oft zu viel, so lässt einen dieses in exquisiten Bildern erzählte Beziehungsdrama weitgehend im Ungewissen über die Konstellationen. Warum nimmt ausgerechnet die leidenschaftliche Anja (Jessica Schwarz) den korrekten Paragrafenreiter Leonhard (Tobias Moretti) zum Mann? Und warum ist ausgerechnet die betrogene Marlene (Barbara Auer) die einzige, die Anja bei ihrem Niedergang beisteht? Und ist Lars (Ulrich Thomsen) am Ende nicht mehr als der Stereotyp vom Sperma verschleudernden Urmann?
Torsten C. Fischer über den Stoff & die Bearbeitung:
„Das Thema der Liebessehnsucht, das unbedingte Lieben- und Geliebt-Werden-Wollen, das hat mich fasziniert an Wellershoffs Vorlage. Der Roman bezieht seine Reiz weniger aus der Handlung, als aus der Befindlichkeit seiner zentralen Figuren und ihrem immer wieder neuen Beziehungsgeflecht… Ich habe mich deshalb für eine stark episodische, teilweise nicht lineare Erzählweise entschieden. So wurde ich den vier Figuren, von denen keine ein durchgehendes Ziel hat, am besten gerecht. Alle bekommen ein Problem, das mit ihrem dichten Beziehungsgeflecht zu tun hat. Ich wollte alle Figuren und ihre Probleme gleichberechtigt behandeln.“
Gerade weil in dem Film wenig erklärt wird, liest sich diese Chronik eines angekündigten Todes wie eine Ansammlung von Klischees. Da ist der sinnliche Mann, da der dröge Kopfmensch, da die lebenskluge Schönheit, da die vom Liebeswunsch Besessene, die geheimnisvolle Frau, die sich im Gefühlsrausch verliert und der das Leben gleichsam ein Rätsel ist. Dass es mit ihr nur böse enden kann, verrät bereits das verquaste Film-Intro: „Sie war eine Tote, die schon als Lebende nicht zu retten war“, jammert da der Betrüger Jan.
Es kommt alles so, wie es kommen muss – das hat Fischers „Liebeswunsch“ (Trailer) mit den herkömmlichen TV-Rührstücken gemeinsam. Der Spiegel bezeichnete das erdenschwere Erotik-Dramolette denn auch als „Groschenroman mit pseudophilosophisch verquasten Dialogen“. Vom Liebesdiskurs à la Roland Barthes’ „Sprache der Liebe“, wie ihn die literarische Vorlage bot, bleibt nur die stimmige Zeichnung der liebeshungrigen Anja. Ihre Sucht, ihr Narzissmus, der ihr keinen Halt in der Welt ermöglicht, ist der Motor des Films. Jessica Schwarz trifft dieses Krankheitsbild auf eine verführerische Art, der sich zunächst auch der (männliche) Zuschauer nicht entziehen kann. Und so wird aus der ménage à quatre zwischenzeitlich ein flotter Fünfer mit dem Zuschauer. (Text-Stand: 5.9.2009)