Polizeipsychologin Susanne Koch (Meike Droste) war zur falschen Zeit am falschen Ort. Automatensprenger Oleg Jansen (René Schwittay) soll die unliebsame Zeugin aus dem Weg schaffen. Er hat Gründe, es nicht zu tun. Jansens Gewissenskonflikt sorgt zu Beginn des Falls für eine Montage, die den Zuschauer durch das, was er sieht und das, was er nur hört, schön im Vagen lässt. Ein Spannungsversprechen, wie es im weiteren Verlauf keines mehr gibt. Stattdessen wird schnell klar, dass wir es auf Täterseite mit klassischen Verlierern zu tun haben. Überdeutlich wird das an den Schauplätzen illustriert. Jansen lebt mit seiner todkranken Mutter in einer erbärmlichen Hütte, der junge Sven Wittek (Dennis Kamitz) endet zwischen zwei Müllcontainern im Hinterhof eines Boxclubs.
Nach Witteks Tod läuft Martin Brühl (Roeland Wiesnekker) mit hängenden Schultern durch den Berliner Regen. Schon klar: Seine Gegner sind nicht Menschen wie Jansen und Wittek. Sein Gegner ist er selbst und die Angst um eine Frau, die ihm das Leben lebenswert erscheinen lässt. Die verbissene Suche nach der entführten Partnerin geht für Brühl mit dem Verlust von beruflicher Professionalität einher. Immer wieder gehen ihm die Nerven durch. Natürlich droht sein Vorgesetzter Mattuschek (Michael Schenk), ihn vom Fall abzuziehen. Und natürlich taucht mit LKA-Beamtin Laura Krain (Adina Vetter) eine (übertrieben berlinernde) Konkurrentin auf, die dank Hierarchie und der nötigen Distanz zum Fall zur Gegnerin aus den eigenen Reihen wird. Beides erzählerische Standards, wie sie in Krimis mit persönlich verstrickten Ermittlern Usus sind. Alles eher banal.
Foto: ZDF / Stephan Rabold
Immer unter Druck pendelt Wiesnekker alias Brühl mit gewohnt zerknautschter Miene und traurigen Augen zwischen schlafloser Apathie und emotionalen Ausnahmezuständen. Dagegen bewahrt Susanne Koch die Fassung und macht ihrem Job alle Ehre. Die entführte Psychologin analysiert das Wesen von Oleg Jansen und bastelt daraus an einer Lösung für sich. Zum Finale spannt sie dafür noch ihren vermögenden Exfreund ein und vertraut auf Brühl. Wo der stets zweifelnde Kommissar Verdacht schöpft, sieht Koch den Nutzen für sich und ihre Situation. Obwohl frei, übernimmt er also den schwachen und sie, trotz Gefangenschaft und permanenter Bedrohung, den stärkeren Part. Für Meike Droste eine dankbare Rolle, die sie kühl und doch einnehmend spielt. Spätestens damit ist „Der Kommissar und die Angst“ dem Psychodrama näher als knallharter Krimispannung.
Regisseur Andreas Senn und Drehbuchautor Andreas Linke (beide: „Unbroken“, 2021) liefern mit „Der Kommissar und die Angst“ genau das, was der Titel verspricht: Der Krimi steht im Drehbuch, Regie führt die Angst. Dabei verzichten Regisseur und eingespielte Crew (Kamera: Leah Striker, Musik: Florian Tessloff) auf filmische Verstärkungen, die über das normale Genre-Maß hinausgehen. Ein Blick hinter die gerunzelte Stirn des Kommissars, ein Durchbruch in Gedankenwelten, ein Ausbruch aus der unmittelbaren Erzählung wäre eine reizvolle Ergänzung gewesen. Stattdessen nehmen – etwas zu absehbar – ein paar Krähen ihre Position wieder ein. Wo kein Sound, da ruft ihr Krächzen die Tonalität des düsteren Formats in Erinnerung. Für dieses Mal okay, aber Überlebende sollten im nächsten Fall mehr wagen.