Der Kommissar und das Meer – Wilde Nächte

Sittler, Göckeritz, Miguel Alexandre & das schwedische Naturereignis Ida Engvoll

Foto: ZDF / Stefan Erhard
Foto Tilmann P. Gangloff

Bei aller Sorgfalt von Buch und Regie wäre das ZDF-Krimidrama „Wilde Nächte“ beinahe ein Reihenfilm wie viele andere auch, wäre da nicht Ida Engvoll: Die schwedische Schauspielerin mit den auffälligen eisblauen Augen macht den Unterschied. Da der Film im Gegensatz zu früheren Beiträgen zu „Der Kommissar und das Meer“ außerdem sorgfältig synchronisiert ist & einen wunderbar tiefgründigen Erzählfluss hat, lassen Engvoll und ihr Landsmann Magnus Krepper fast vergessen, dass in der Reihe keine deutschen Gaststars mehr mitwirken.

Seit zwanzig Jahren tun sich Regisseur Miguel Alexandre und Autor Harald Göckeritz in regelmäßigen Abständen zusammen, um große Filme zu machen. „Nana“ war 1995 für beide einer der ersten großen Erfolge, „Grüße aus Kaschmir“ bescherte ihnen 2005 einen Grimme-Preis, und 2011 haben sie mit dem Udo-Jürgens-Film „Der Mann mit dem Fagott“ für einen bemerkenswerten Zweiteiler gesorgt. Ein Reihenkrimi stellt natürlich eine ganz andere Herausforderung dar, schließlich ist hier weniger der persönliche Stempel gefragt, zumal die Beiträge zu „Der Kommissar und das Meer“ ohnehin in der Regel sehenswert sind. Der Grund, warum „Wilde Nächte“ dennoch herausragt, hat einen Namen: Die Schwedin Ida Engvoll („Arne Dahl“ / „The Team“) ist ein Ereignis. Sie spielt gemeinsam mit ihrem nicht minder sehenswerten Landsmann Magnus Krepper die Episodenhauptrolle des Films. Die Leistung der beiden Schweden lassen gemeinsam mit der guten Synchronisation vergessen, dass „Der Kommissar und das Meer“ zumindest vor der Kamera mittlerweile eine überwiegend skandinavische Sache ist, denn außer Titeldarsteller Walter Sittler und Andy Gätjen als Mitarbeiter des Kommissars wirken keinerlei deutsche Schauspieler mehr mit.

Der Kommissar und das Meer – Wilde NächteFoto: ZDF / Stefan Erhard
Heiße Nächte? Der verheiratete Mikael (Magnus Krepper) und seine Geliebte Elsa (Ida Engvoll)

Engvall, obschon knapp dreißig, spielt sehr überzeugend eine junge Frau, die zumindest ihrem Verhalten nach eher wie ein Teenager wirkt. Allerdings hat Elsa Norén nach dem Fund ihres ermordeten Vaters auch allen Grund dazu, aus der Bahn geraten zu sein; Robert Anders (Sittler) kann sie gerade noch davon abhalten, sich an einer Klippe in die Tiefe zu stürzen. Die Leiche ist übersät mit Schuhabdrücken, doch die Todesursache war etwas anderes: Jemand hat ihm mit Gewalt eine volle Wodkaflasche in den Rachen gedrückt; der Mann ist ertrunken. Anders’ Nachforschungen führen den deutschen Ermittler auf Gotland mitten hinein in ein Familiendrama. Elsa und ihre Mutter haben den Vater schon vor Jahren verlassen; seit einiger Zeit ist die junge Frau auf den doppelt so alten Mikael Berglund (Magnus Krepper) fixiert. Der Mann hat ihr versprochen, gemeinsam mit ihr nach Amerika auszuwandern, hat jedoch Familie; außerdem ist er Makler und womöglich nur auf den Bauernhof des alten Norén scharf, den Elsa nun erben wird. Dass Berglund überdies sexsüchtig ist, tut zwar im Grunde nichts zur Sache, beschert der ansonsten eher zugeknöpften Reihe allerdings einige erotische Momente. Auch der brave Anders verlässt ausnahmsweise den Pfad der Tugend, verschafft sich unerlaubten Zutritt zum Liebesnest des Liebespaares und wird sogar mal gewalttätig.

Das sind aber auch die einzigen auffälligen Ausreißer, ansonsten fügt sich „Wilde Nächte“ gerade auch visuell gut in die Reihe ein. „Der Kommissar und das Meer“ zeichnet sich unter anderem durch eine stets sorgfältige Bildgestaltung aus. Alexandre, der in seinen Filmen seit einem „Tatort“ aus Leipzig („Die Wahrheit stirbt zuerst“, 2013) auch die Kamera führt, taucht das schöne Gotland in ein kühles Licht. Die Bilder sind auf unaufdringliche Weise stets im Fluss, was dem Film eine ruhige Dynamik verleiht. Ihre inhaltliche Tiefe verdanken die Aufnahmen der ausgezeichneten Musik von Wolfram de Marco, so dass sich Optik und Akustik perfekt ergänzen. Gerade zu Beginn, als die Geschichte noch gar nicht richtig angefangen hat, wird auf diese Weise viel Atmosphäre vermittelt: Für sich genommen sind die Bilder völlig harmlos; erst de Marco sorgt dafür, dass eine hintergründige Spannung entsteht. Und dann ist da ja noch Ida Engvoll mit ihren eisblauen Augen unter den dunklen Brauen. Die Schwedin zieht jede ihrer Szenen fast mühelos an sich zieht und ist die ideale Besetzung für einen Krimi: weil man dieser Frau nach einem tiefen Blick in ihre Augen alles zutraut.

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Reihe

ZDF

Mit Walter Sittler, Frida Hallgren, Andy Gätjen, Inger Nilsson, Magnus Krepper, Ida Engvoll, Charlotta Jonsson, Philip Panov, Lena B. Eriksson, Mitcho Batalov

Kamera: Miguel Alexandre

Szenenbild: Andreas Rudolph

Schnitt: Marcel Peragine

Musik: Wolfram de Marco

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Harald Göckeritz, Miguel Alexandre

Regie: Miguel Alexandre

Quote: 6,86 Mio. Zuschauer (22,2% MA); (Wh. 2020): 5,05 Mio. (14,7% MA)

EA: 21.03.2015 20:15 Uhr | ZDF

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