Der Kommissar und das Meer – Für immer Dein

Walter Sittler, Annette Hess, Miguel Alexandre. Winterlich kühle Atmosphäre

Foto: ZDF / Stephan Rabold
Foto Tilmann P. Gangloff

„Für immer Dein“ – Vordergründig geht es in Miguel Alexandres fünftem Film in Folge für die ZDF-Krimireihe „Der Kommissar und das Meer“ um den Doppelmord an einem jungen Liebespaar, aber eigentlich handelt das Drehbuch (Annette Hess) von diversen Beziehungen, die in eisiger Liebe erstarrt sind. Erneut hat der Regisseur selbst die Kamera geführt. Seine gräulich-bläulichen Nebelbilder sorgen für eine melancholische Stimmung, die durch die Gesänge eines Kirchenchors noch intensiviert werden. Gute Synchronisation

Es gehört zum Wesen des (traditionellen) Krimis, dass Zuschauer und Macher eine Vereinbarung eingehen: Die einen sind bereit, sich täuschen zu lassen, hoffen im Gegenzug jedoch, möglichst clever aufs Glatteis geführt zu werden. Auf Basis dieser Abmachung und eines entsprechenden Drehbuchs entwickelt sich im besten Fall ein Wechselspiel aus Erwartungen, Täuschungen, Genre-Konventionen und überraschenden Handlungswendungen, das möglichst schon mit dem Prolog beginnt: Zum Auftakt dieser 21. Episode aus der ZDF-Samstagsreihe „Der Kommissar und das Meer“ irrt ein Mann verletzt durch den Wald, gelangt an eine Straße, stoppt ein Auto und beklagt verzweifelt den Tod seiner Frau.

Zwei Jahre später sind Robert Anders (Walter Sittler), der gotländische Kommissar mit den deutschen Wurzeln, und seine Lebensgefährtin Emma (Frida Hallgren) bei Kerstin (Angela Kovács) und Martin Levander (Mikael Birkkjaer) zur Silvesterparty eingeladen. Als überraschend auch der Sohn des Hauses vor der Tür steht, reagiert Kerstin mit überschwänglicher Freude; bis sie sieht, dass der junge Mann eine Freundin mitgebracht hat, die er als zukünftige Frau vorstellt. Leider ist die krankhaft eifersüchtige Kerstin viel zu überzogen und daher eine typische Fernsehfigur, was wiederum mit der Abmachung zu tun hat: Als kurz drauf Sohn und Freundin im Wald erschossen werden, soll der Verdacht natürlich auf die Mutter fallen, die demzufolge eher bereit wäre, ihr Kind zu opfern, als es mit einer anderen zu teilen. Weil ein Krimi noch einen weiteren Verdächtigen braucht, hat Anders kurz zuvor einen Mann zur Rede gestellt, der ums Haus schleicht, sich als Ex-Freund des weiblichen Mordopfers entpuppt und offenbar ein Stalker ist.

Der Kommissar und das Meer – Für immer DeinFoto: ZDF / Stephan Rabold
Melancholische Stimmung. Weshalb greift der sonst so besonnene Anders (Walter Sittler) zur Waffe? „Für immer Dein“

In der Wiedergabe klingt die Handlung von „Für immer Dein“ eher schlicht und wie eine typische Krimigeschichte, die sich auch als Serienfolge erzählen ließe. Aber das Buch stammt immerhin von „Weißensee“- und „Ku’damm 56“-Autorin Annette Hess, und tatsächlich entwickelt „Für immer Dein“ im weiteren Verlauf eine Komplexität, in der sämtliche Beziehungen mindestens in eine Krise geraten. Das gilt auch für Anders und seine Emma, die Mitglied im Kirchenchor ist; Kantor Norén (Lauri Tanskanen) macht ihr unmissverständliche Avancen. Dass er der Mann aus dem Prolog ist, spielt später selbstverständlich ebenso noch eine wichtige Rolle wie die Tatsache, dass es keine Rückblende gibt, als Anders sich von Norén nochmals die Ereignisse rund um den Tod seiner Frau schildern lässt.

Zunächst rückt jedoch Lehrer Kalström (Floberg) ins Visier der Ermittler. Der passionierte Jäger galt schon vor zwei Jahren als verdächtig. Die Boulevardpresse bastelt umgehend Schlagzeilen über einen „Liebespaar-Mörder“ und präsentiert Kalström als mutmaßlichen Serienkiller. Schließlich gesteht der Mann die Tat sogar, spricht aber von einem Jagdunfall; er will das Pärchen im Wald für Wild gehalten haben, was Anders’ Kollege Wittberg angesichts von Kalströms Jagderfahrung für eine lächerliche Ausrede hält. Mit der Ehe des Mannes steht es allerdings nicht mehr zum Besten: Der Lehrer und seine deutlich jüngere Frau (Gyllensten) sind einander in inniger Hassliebe verbunden; ihre Gespräche bestehen überwiegend aus dem Austausch zynischer Seitenhiebe. Auch die Levanders haben sich auseinandergelebt, und dass Martin angesichts der Freundin seines Sohnes ebenfalls auffällig reagiert, ist ein weiteres jener Signale, die Hess auf einer Metaebene sammelt und erst später auflöst.

Die Regie von Miguel Alexandre, der auch die letzten vier Episoden inszeniert hat, zeichnet sich unter anderem durch eine ruhige Hand aus, was durchaus wörtlich zu verstehen ist, weil er bei seinen Filmen seit einigen Jahren auch die Kamera führt. Die fließenden Fahrten tragen maßgeblich zur unaufgeregten Stimmung des Films bei. Alexandre hat der Reihe dank der Verschiebung der Dreharbeiten in den Winter zu einer neuen Ästhetik und somit zu einer ganz eigentümlichen kühlen Atmosphäre verholfen, die in „Für immer Dein“ perfekt zu den teilweise frostigen Beziehungen passt. Die melancholische Stimmung des Films ist natürlich auch ein Resultat der Handlung, wird aber durch die gräulich-bläulichen Nebelbilder, die sich ausgezeichnet als großformatige Fotografien machen würden, ebenso intensiviert wie durch die Gesänge des Kirchenchors, die immer wieder erklingen. Zur akustischen Qualität gehört auch die erneut gute Synchronisation; trotzdem ist es bedauerlich, dass in der Reihe außer Sittler und Gätjen keine deutschen Schauspieler mehr mitwirken. (Text-Stand: 2.11.2016)

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Reihe

ZDF

Mit Walter Sittler, Frida Hallgren, Andy Gätjen, Inger Nilsson, Mikael Birkkjær, Charlotta Jonsson, Bjørn Floberg, Angela Kovács, Lauri Tanskanen, Henrik Lundström, Ida Gyllensten

Kamera: Miguel Alexandre

Szenenbild: Andreas Rudolph

Kostüm: Helmut Ignaz Meyer

Schnitt: Marcel Peragine

Musik: Wolfram de Marco

Soundtrack: David Bowie („Heroes“)

Produktionsfirma: Network Movie

Drehbuch: Annette Hess

Regie: Miguel Alexandre

Quote: 6,50 Mio. Zuschauer (20,4% MA); Wh. (2020): 2,50 Mio. (12,6% MA)

EA: 12.11.2016 20:15 Uhr | ZDF

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