Großbauer Björn Nyquist überrascht beim abendlichen Kontrollgang einen Mann, der auf einer umzäunten Weide ein Loch in den Boden gräbt. Er stellt ihn zur Rede, doch statt einer Antwort erhält er einen tödlichen Spatenhieb. Nyquists Hund verfolgt den Täter und hockt wenig später verletzt auf der Landstraße, auf der Kommissar Robert Anders und seine von Wehen geplagte schwangere Freundin Emma unterwegs sind in Richtung Krankenhaus. Auf den Beinen, wenn auch schwankend, ist in dieser Nacht außerdem der Bauunternehmer Alfred Palmgren, der nach einem mit reichlich Schnäpsen garnierten Abendessen seinen ebenfalls angetrunkenen Freund Gunnar Appelros nach Hause bringen will.
Bedächtig werden die Fäden in diesem recht unübersichtlichen Krimi zusammengeführt. In “Der Wolf im Schafspelz” geht es um Schulden und um ein tragisches Beziehungsdrama aus der Vergangenheit. Gunnars Ex Jasmine war vor Jahren Hals über Kopf von der Insel geflohen, nachdem sie schwanger geworden war. Jetzt kehrt sie mit ihrem Sohn zurück und stellt Alfred Palmgren zur Rede. Offenbar ist der verschuldete Bauunternehmer der Vater des Kindes, will aber nicht weiter für den Unterhalt aufkommen – und wird von seiner Frau Rebekka unterstützt. Der unglückliche Gunnar wiederum hält sich selbst für den Vater. Schließlich landet noch ein zweites Todesopfer am Fuß einer Klippe.
Die deutsch-schwedische Krimireihe “Der Kommissar und das Meer” bleibt sich treu. Statt Hochspannung und knallharter Gewaltszenen, wie sie in skandinavischen Mord-und-Totschlag-Produktionen nicht unüblich sind, werden die Geschichten im Tempo des geruhsamen Insel-Lebens entwickelt. Nur selten nimmt die Kamera die Position eines sich hinter Zweigen versteckenden Verdächtigen ein, lieber geht der Blick immer wieder hinaus aufs Meer, das hat ja etwas Beruhigendes. Und so viele Schafe wie hier durften wohl auch nur selten in einem Fernsehkrimi dazwischen blöken. So etwas muss man mögen, aber der Fall zählt bei aller Sympathie für die ruhige, der Landschaft angepassten Erzählweise nicht zu den stärksten der Reihe. Zu viele Figuren werden in einer langen und zähen Folge von Dialogen hin und her geschoben. Die Synchronisation tut ihr übriges, dass der Eindruck von einem nicht sehr geschliffenen Film entsteht. Spannung kommt kaum auf, und die Idee mit dem durch ein paar verbogene Münzen angedeuteten Wikingerschatz wirkt schön skurril, aber verschenkt.
Angenehm unaufgeregt spielt jedoch Walter Sittler den Kommissar, dessen Privatleben einige Parallelen zum Fall aufweist, ohne dass dies aufgesetzt wirken würde. Auch Robert Anders war von seiner Frau verlassen worden, nun befindet er sich gemeinsam mit Ewa inmitten eines Neubeginns als Patchwork-Familie. In einem kurzen Gespräch mit der ältesten Tochter und in einem Wortwechsel mit der Kollegin von der Spurensicherung („Bin ich nicht zu alt für so was?“) klingen Anders‘ Selbstzweifel an – mehr Midlife-Krise ist nicht.