Der 7. Tag

Stefanie Stappenbeck, Mittermeier, Schüttler, Baum, Roland Suso Richter. Flotter Feger auf der Flucht

Foto: ZDF / Roland Suso Richter
Foto Rainer Tittelbach

Eine unschuldige Frau unter Mordverdacht. Sie selbst weiß nicht genau, was sich in jener Nacht, in der ihr Mann brutal getötet wurde, ereignet hat. Die Frau ist auf der Flucht, und nicht nur die Polizei ist hinter ihr her. Mit Glück und Überlebenswillen schafft sie es lebend in den 3. Akt des Fernsehfilms „Der 7. Tag“, dort mutiert der Thriller zu einem Beziehungs-Drama, das die Bluttat verständlich werden lässt. Neben Zeitsprüngen, die mehr narrative Komplexität vorgaukeln, als dieser „nur“ Genrefilm besitzt, wird die Geschichte quasi vom Ende zum Anfang zurückerzählt. Das ist dramaturgisch clever, weil so die Handlung spannend in der Schwebe bleibt, aber es ist dem Genre entsprechend auch ziemlich manipulativ.

Was ist das für ein Hotelzimmer? Was soll das Messer im Bett? Und woher kommt das ganze Blut? Sybille Thalheim (Stefanie Stappenbeck) ist völlig außer sich. Panisch macht sie sich aus dem Staub. Denn in einem anderen Hotelzimmer hat man offenbar ihren Mann Michael (Steve Windolf) tot aufgefunden. Die Polizei – in Gestalt von Rainer Warnke (Henning Baum) und Tanja Braungart (Josefine Preuß) – ist schon vor Ort. Da Michael, ein erfolgreicher Anwalt, sich vor eineinhalb Jahren mit 20 Millionen veruntreuten Mandantengeldern nach Brasilien abgesetzt hat und sie ohne ein Wort und ohne einen Euro hat sitzen lassen, ist die Wut bei der Ehefrau entsprechend groß und die Motivlage eindeutig. Auch die Spurenlage macht Sybille zur Täterin. Dies wissend will sie die Situation erst besser verstehen, bevor sie sich – was ihr ihre Freundin Gabi Henke (Katharina Schüttler) rät – der Polizei stellt. Warum ist Michael ausgerechnet jetzt zurückgekommen? Was ist am Abend vor dem Blutbad in dem Hotel passiert? „Bille“ kann sich nicht daran erinnern, dass sie mit 18 Stichen auf ihren einst so geliebten Mann eingestochen haben soll; aber sie kann sich auch nur an wenig anderes erinnern. Da war offenbar ein Mann (Anton Pampushnyy), der sie überwältigt und betäubt hat. Auch Ullrich Henke (Marcus Mittermeier), langjähriger Freund und Geschäftskollege des Toten und ein Ex-Lover und immer noch enger Vertrauter von Sybille, rät ihr als Anwalt, sich zu stellen. Doch erst einmal helfen ihr die Henkes, sich vor der Polizei zu verstecken.

Der 7. TagFoto: ZDF / Roland Suso Richter
Zwei Sonnyboys und ein flotter Feger. Steve Windolf, Stefanie Stappenbeck & Marcus Mittermeier im ZDF-Thriller „Der 7. Tag“

Sicherlich war es der überraschende Erfolg des Romas „Der 7. Tag“, der Oliver Berbens Aufmerksamkeit an diesem Thriller von Nika Lubitsch geweckt haben dürfte. Sein Faible für Ferdinand von Schirachs Erzählungen legen die Vermutung nahe, dass ihm auch der Prozess als Motiv und narratives Ordnungsprinzip imponiert haben könnte. Dieser wurde für den ZDF-Film von Drehbuchautor André Georgi („Schweigeminute“) allerdings vollständig getilgt – anfangs zugunsten eines klassischen Krimi-Thrillers. Da steht eine – wie man als Zuschauer von Anfang an vermutet – unschuldige Frau unter Mordverdacht. Sie ist auf der Flucht und wird bald von zwei Parteien gejagt; wobei die Kommissare, denen die Ungereimtheiten der Mordnacht und die Möglichkeit, dass man ihr die Tat nur unterschieben will, nicht entgangen sind, immer weniger aktiv jagen: Vielmehr ermitteln der im Rollstuhl sitzende Chef und seine umso quirligere Zuarbeiterin, indem sie den Spuren der Heldin und deren eigener Spurensuche folgen. Am Ende des zweiten Akts wird es für die Blondine auf der Flucht eng. Mit viel Glück und purem Überlebenswillen schafft sie es lebend auf die Zielgerade des Films. Nachdem die Polizei den Killer, der ihr erfolglos hinterher geballert hat, festnehmen kann, ist im dritten Akt der Weg frei für eine andere Genre-Tonart: Dem Thriller-Höhepunkt folgt plötzlich ein Vier-Personen-Drama, das jetzt erst die grundlegenden Beziehungskonstellationen aufdeckt.

Der 7. TagFoto: ZDF / Roland Suso Richter
Oben: Völlig aufgelöst. Will jemand Sybille (Stefanie Stappenbeck) einen Mord anhängen? Unten: Tags zuvor teilt eine Bekannte (Sesede Terziyan) Sybille (Stefanie Stappenbeck) mit, dass sie ihren verschwundenen Mann gesehen hat. Ein Geflecht aus Rückblenden kennzeichnen den Film. Das verwirrt wenig, da die Geschichte extrem simpel ist und sie nur durch die Zeitsprünge zu einem recht ansehnlichen 90-Minuten-Thriller wird.

Der 7. Tag

„Der 7. Tag“ wird mithilfe seiner zahlreichen Rückblenden quasi von der Gegenwart in die Vergangenheit, vom Ende zum Anfang zurückerzählt. Das ist dramaturgisch geschickt, weil es die Informationen, die die bedrohlichen Ereignisse (zu rasch) erklären könnten, aufschiebt und so die Handlung spannend in der Schwebe belässt – bis sich nach 50 Minuten die Ahnung des Thriller-erfahrenen Zuschauers bestätigt. Jetzt ist man vorbereitet auf das Warum. Die Hintergründe entpuppen sich zwar als Allerweltsbeziehungsgeschichte um zwei Sunnyboys und einen flotten Feger, aber auf dem Hintergrund der mörderischen Ereignisse kommt den emotionalen Irrungen & Wirrungen nun eine viel größere Bedeutung zu. Dieser erzählerische Kniff gehorcht allerdings den Gesetzen des Thrillers, einem Genre, das bekanntlich auf Wirkung abzielt und das es mit Logik und Plausibilität nicht immer so genau nimmt. Will man sich spannend unterhalten (und zu nichts anderem sind diese 90 Minuten gut), sollte man diesen Film, den Roland Suso Richter optisch ansprechend, mit einem guten Spannungsflow und einer ebenso prominenten wie kalkulierten Besetzung inszeniert hat, nicht mit einem Drama verwechseln. Das, was sich dem Zuschauer im Schlussteil an Lösungen und Erklärungen erschließt, ist selbstredend simpel. Die Psychologie ist bescheiden, verbleibt ganz im Rahmen eines Genrefilms und setzt allenfalls mal auf die Macht der Projektion: So existiert ein unsichtbares, gelegentlich bedeutungsschwanger zelebriertes Schicksalsband zwischen Baums Kommissar (noch nicht lange im Rollstuhl) und der Heldin (jetzt endgültig verlassen).

Was André Georgi und Roland Suso Richter dem Zuschauer anbieten an narrativen Motiven wie Schuld, Rache oder Freundschaft und Extrem-Emotionen wie Wut, Gier, Eifersucht oder Verzweiflung, das geht kaum über die signalhafte Zurichtung hinaus, mit der einst die TV-Movies der Privatsender ihre Lust-, Trieb- und Psychopathen-Geschichten erzählten. Die Dramaturgie mit ihren Zeitsprüngen lässt dann allerdings das Ganze doch weitaus weniger plan erscheinen. Ob dies ein cleverer Erzähltrick ist oder hier nur eine gewisse narrative Komplexität vorgegaukelt wird – das liegt im Auge des Betrachters. (Text-Stand: 3.10.2017)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

tittelbach.tv ist mir was wert

Mit Ihrem Beitrag sorgen Sie dafür, dass tittelbach.tv kostenfrei bleibt!

Kaufen bei

und tittelbach.tv unterstützen!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fernsehfilm

ZDF

Mit Stefanie Stappenbeck, Marcus Mittermeier, Katharina Schüttler, Henning Baum, Josefine Preuß, Steve Windolf, Anton Pampushnyy, Christian Kuchenbuch

Kamera: Max Knauer

Szenenbild: Axel Nocker

Schnitt: Bernd Schlegel

Musik: Arash Safaian

Produktionsfirma: Moovie

Produktion: Oliver Berben, Jan Ehlert

Drehbuch: André Georgi – nach dem Roman von Nika Lubitsch

Regie: Roland Suso Richter

Quote: 6,18 Mio. Zuschauer (18,9% MA)

EA: 23.10.2017 20:15 Uhr | ZDF

Spenden über:

IBAN: DE59 3804 0007 0129 9403 00
BIC: COBADEFFXXX

Kontoinhaber: Rainer Tittelbach