Ein eingeschneites Ferienhotel mit dem Namen Edelweiss in den Bergen, die Urlauber sitzen fest, Handynetz gibt es auch keines mehr. Da kommt Unmut auf: „Kein Internet, kein Telefon, aber mit den Zimmerpreisen nicht runtergehen, das kann man sich doch nicht gefallen lassen“, poltert ein Urlauber. Damit nicht genug: Das Zimmermädchen findet auch noch eine Leiche. Ein älterer Herr, gerade noch in der Lobby vor dem Aquarium mit den Goldfischen, wurde ermordet, brutal erstochen in seinem Zimmer, das danach von innen verschlossen wurde. Hoteldirektorin Riegler (Maria Fliri) und ihr folgsamer Bruder („ttt“-Moderator Max Moor) wollen alles vertuschen. Doch die Nachricht über den toten Gast verbreitet sich schneller als der Direktorin lieb ist. Unter den Gästen outet sich Jonas Horak (Karl Markovics) als Wiener BKA-Kommissar – und reißt mit seinem mitgereisten Assistenten Freitag (Stefan Pohl) die Ermittlungen an sich. Wie kam der Houdini-Mörder aus dem Zimmer? Dann geschieht ein zweiter Mord. Es erwischt die fröhliche Witwe Karin Sessler (Sunnyi Melles). Horak scheint sich der Lösung des Falls zu nähern. Da taucht auf Schneeschuhen die Dorfpolizistin Landner (Julia Koch) auf. Die hatte sich nach einem alarmierenden anonymen Anruf durch den Schnee gekämpft. Aber wer konnte die Polizei alarmieren? Der Telefonanschluss ist schon lange tot.
Die ORF-Landkrimi-Reihe hat sich bestens etabliert (auch ARD und ZDF haben einige Episoden übernommen), und sie bringt immer auch mal kleine Perlen hervor. Hier ist eine. „Das letzte Problem“ ist die Arbeit eines kongenialen Trios. Da ist David Schalko, selbst hochgelobter Autor und Regisseur („Braunschlag“, „Altes Geld“, „M – Eine Stadt sucht einen Mörder), der den Film produziert hat. Da ist Daniel Kehlmann, gefeierter Schriftsteller („Die Vermessung der Welt“, „Tyll“), der hier sein erstes Original-Filmdrehbuch geschrieben hat. Und da ist Karl Markovics, der Schauspieler (für „Das Wunder von Wörgl“ 2019 beim Fernsehfilm-Festival in Baden-Baden ausgezeichnet) und Regisseur („Atmen“), der erstmals einen österreichischen „Landkrimi“ inszeniert hat und zudem die Hauptrolle spielt.
Der knorrige, leicht verhuscht wirkende Kommissar kombiniert sich im Stile eines Hercule Poirot durch den Fall; doch Kehlmann hat nur auf den ersten Blick eine klassische Detektivgeschichte geschrieben. Markowitz inszeniert die Story anfangs als einen ein wenig angestaubt wirkenden Whodunit-Krimi mit klassischer Dramaturgie, arbeitet mit leichten Überhöhungen und teilweise etwas absurden und skurrilen Situationen und Figuren. Doch mit zunehmender Dauer beginnen Autor und Regisseur mit der Geschichte und den Charakteren immer freier zu spielen. Es gibt mehrere Ebenen, dieser Horak bekommt zunehmend eine tiefere Wahrheit und Ernsthaftigkeit und entpuppt sich als weit mehr als eine schrullig-kauzige Figur. Mit feiner Ironie arbeitet Markowitz sowohl als Regisseur als auch als Darsteller. Die Enge, dieses Eingeschlossensein in einem abgelegenen Hotel, nutzt er geschickt, und gibt dem Film etwas Klaustrophobisches mit. Und er beweist viel Gespür für Atmosphäre, leicht groteske Situationen (wenn die Urlauber wegen zu Ende gehender Vorräte mit dünner Suppe abgespeist werden und sich darüber unterhalten, ob das noch als Vollpension gilt) und bizarre Figuren; der Oberkellner sieht beispielsweise aus wie aus der „Rocky Horror Picture Show“.
Insgesamt ist das Personal überaus stimmig: biedere Urlauber, geschäftstüchtige Hotelbetreiber, exzentrische Gäste (Sunnyi Melles ist als fröhliche Witwe hinreißend) und mittendrin dieser Kommissar, den Markovics so herrlich nuanciert spielt und über den er in einem Interview sagt: „Die Figur des Horak stimmt so sehr, dass ich wusste: In der könnte ich auch schwimmen.“ Ein besonderes Lob gilt dem Szenenbild (Andreas Sobotka): Dieses in die Jahre gekommene Hotel mit seinen miefigen Zimmern und dem lieblosen Speisesaal gibt dem Film rein optisch schon ein Klasse-Atmospäre-Fundamen für diese so klug erdachte, wendungsreiche Geschichte.„Das letzte Problem“ ist eine gelungene Mischung aus schräger Krimikomödie und kleinem, feinen Schizo-Drama mit einem leisen und überraschenden Finale zu den Klängen von Charles Trenets Chanson „Le Mer“.