Bloch – Der Mann im Smoking

Dieter Pfaff und "Patient" Rudolf Kowalski: „Weiß vielleicht jemand, wer ich bin?“

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Im 10. Fall therapiert Bloch einen Amnesie-Patienten, der sich gegen das Erinnern sperrt, als ob er etwas Schlimmes (be)fürchte. „Nicht mit Bloch trägt Albert einen Zweikampf aus, der Zweikampf findet in ihm selber statt“, so Autor Wiersch. Ein solcher Typus, zerrissen, mit Distanz zu sich und der Welt, in dessen Verhalten sich Erfahrung, Naivität & Überlebenswille zu einer reizvollen Mischung paaren, ist die ideale Rolle für einen wie Rudolf Kowalski.

Ein Mann läuft ziellos durch die Landschaft. Auf einer Brücke wirft er seinen Ausweis in den Fluss. Wenig später streift er sich seinen Ehering vom Finger. So merkwürdig sein Verhalten, so unpassend ist seine Kleidung: der Mann trägt einen Smoking. Warum das alles? Der Mann weiß es selber nicht. Er hat vergessen, wer er ist. „Kennt mich hier jemand? Weiß vielleicht jemand, wer ich bin?“ So irrt er verzweifelt durch die kleine Stadt, in der Bloch wohnt. Der Psychologe nimmt sich dem Verwirrten an, nicht ohne ihn vorher zu einem Experten zu bringen. Doch der Psychiater benutzt ihn nur als klinisches Studienobjekt. Also zieht „Albert“, wie Bloch seinen neuen Patienten nennt, bei ihm ein. Doch die Fortschritte, die „Albert“ macht, sind dürftig, es scheint, als wolle er sich gar nicht an sein altes Leben erinnern.

Der Weg des Mannes in die Identitätslosigkeit wirkt geplant. Doch es entspricht dem Krankheitsbild. Die „Dissoziative Fuge“, so der Fachterminus, beginnt mit einem pathologischen Wandertrieb, in dessen Verlauf die Vergangenheit des Patienten ausgelöscht wird. „Der Mann im Smoking“ erzählt von einer solchen Amnesie, die heute – so die Annahme namhafter Psychiater – bei rund 0,2 Prozent der Bevölkerung (jeder 500.!) vorkommen soll. Vor 100 Jahren war diese Erkrankung noch weitaus häufiger. Zwei Prominente ereilte der tagelange Gedächtnisverlust: Karl May und Agatha Christie, die wegen der Untreue ihres Mannes einen Schock und dann ein elftägiges „Blackout“ erlebte.

Um Liebe und Eifersucht geht es auch in diesem „Bloch“, dem 10. Film der Reihe, was aber erst im Showdown ans Licht kommt. Zunächst gibt sich die Seele des Patienten zugeknöpft. Der Mann ohne Vergangenheit erkennt zunehmend, dass das Vergessen einen Schutz für ihn bedeutet. Er hat seine Identität aus gutem Grund vergessen. „Der Patient ist hin- und her gerissen: Will er sich erinnern oder gibt er seiner Psyche nach?“, das ist für den Drehbuchautor Marco Wiersch der Grundkonflikt der Geschichte. „Nicht mit Bloch trägt Albert einen Zweikampf aus, der Zweikampf findet in ihm selber statt.“ Ein solcher Menschen-Typus, zerrissen, mit Distanz zu sich und der Welt, in dessen Verhalten sich Erfahrung, Naivität und Überlebenswille zu einer reizvollen Mischung paaren, ist die ideale Rolle für einen wie Rudolf Kowalski. Er ist einer, der Sympathien weckt, aber nicht zum Dauerkuscheln einlädt. Einer also wie Dieter Pfaff. Beide begegnen sich auf Augenhöhe in diesem wunderbaren psychologischen Duett. (Text-Stand: 8.11.2006)

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Reihe

SWR

Mit Dieter Pfaff, Rudolf Kowalski, Ulrike Krumbiegel, Katharina Wackernagel, Michaela Rosen, Jonathan Dümcke, Janina Stopper, Hansjürgen Hürrig

Kamera: Jürgen Carle

Schnitt: Carola Hülsebus

Musik: Irmin Schmidt

Produktionsfirma: Maran Film

Produktion: Sabine Tettenborn

Drehbuch: Marco Wiersch

Regie: René Heisig

EA: 08.11.2006 20:15 Uhr | ARD

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