Seitenscheitel, Brille, gebügeltes Hemd, Krawatte – Elektroingenieur Thomas Wellmann (Wotan Wilke Möhring) sitzt am Schreibtisch, klappt den Laptop zu. Das war’s. Es ist sein letzter Arbeitstag bei UniElectric. Zum Abschied gibt es neben der Abfindung noch einen Füllfederhalter. Ab sofort ist er freigestellt, KI hat ihn abgelöst. Abends feiert er mit Frau Eva (Jordis Triebel), den Töchtern Paula (Daria Vivien Wolf), einer Influencerin, und Jenny (Josefine Keller), einer Umweltaktivistin, sowie Freunden seine neu gewonnene Freiheit. Da gehen die Lichter aus. Blackout in der Siedlung. Die Nachbarn drängen Thomas, was zu unternehmen. Er schafft es, dass die jungen Duz-IT-ler im Kontrollraum den Strom wieder zum Laufen bringen. Doch für Thomas ist klar: Man muss sich auf den Ernstfall vorbereiten. So kauft er Vorräte und Werkzeug in Hülle und Fülle. Dabei freundet er sich mit Peter Leschke (Hannes Wegener) an, einem Afghanistan-Veteranen, der als überzeugter „Prepper“ sogar über einen eigenen Bunker verfügt. Der lädt Thomas und dessen arg genervte Familie zum Survival-Wochenende im Wald ein, um den Ernstfall zu proben. Das läuft aus dem Ruder. Und Jenny hat mit ihrer Aktivistengruppe schon längst für den nächsten Blackout gesorgt…
Foto: ZDF / Frank Dicks
Die Komödie „Blackout bei Wellmanns“ ist auf der Höhe der Zeit, behandelt aktuelle gesellschaftspolitische Themen wie „Prepping“, Energiekrise, KI und Klimaschutz. Das routinierte Autoren-Paar Fred Breinersdorfer und Katja Röder („Ein Mädchen wird vermisst“, „Tatort – Gold“) hat viel Zeitgeist in ihr Drehbuch einfließen lassen. Die Ideen sprudeln nur so, zünden allerdings nicht immer. Das ist ist alles etwas zu viel des Guten. Der Prepper ist ein Ex-Afghanistan-Kämpfer, die jungen IT-Spezialisten wissen nicht mehr, was eine Lüsterklemme ist, die aufgebrachten Nachbarn suchen Hilfe bei ihrem „Mr. UniElectric“-Nachbarn, die Klimaaktivisten planen Anschläge, Follower folgen ihrer Influencerin bis in den Wald – viele Bilder sind weniger überraschend denn erwartbar; sie bilden Realitäten und Lebensentwürfe einfach nur ab. Und so verpuffen die Ideen an der Oberfläche. Je länger man dem anfangs interessanten Plot-Ansatz folgt, desto genervter wird man durch die Künstlichkeit der Situationen, die das Drehbuch vorgibt. Leo Khasin, Ko-Autor und Regisseur, der für seinen Debütfilm „Kaddisch für einen Freund“ 2012 gute Kritiken und den Nachwuchspreis MFG-Star einheimste und mit „Das Unwort“ eine Komödie der Entgleisungen drehte, gelingt es nur bedingt, den satirischen Ansatz der Geschichte herauszuarbeiten. Manches ist zu klamaukig (der Prepper im-Magic-Mushrooms-Rausch), anderes hölzern (die aufgebrachten Nachbarn); den Komödien-Situationen fehlt der doppelte Boden, der Komik das Entlarvende.
Wotan Wilke Möhring kann Drama und Krimi, Tragödie und Komödie. Von daher ist er eine prima Besetzung für die verschiedenen Tonlagen des Films. Als Biedermann, der durch den Einfluss eines Preppers aus seiner kleinen, geregelten Welt ausbrechen will und so unfreiwillig komisch ist, ja, tragikomisch, überzeugt er und trägt den Film. Für die Erdung sorgt Jordis Triebel als seine Ehefrau, bei der nicht erst in der Schlussszene aufblitzt, wie gut sie ihren Mann kennt. „Blackout bei Wellmanns“ ist ein durchaus unterhaltsamer Versuch, aktuelle Entwicklungen humorig zu verarbeiten und dabei auf den Zeigefinger zu verzichten. Nur, man hätte der Geschichte mehr Biss gewünscht, mehr Mut, mehr spielerische Transzendenz. So ist „Blackout…“ etwas brav, gefällig und leicht ausrechenbar. Möglicherweise stellt man sich beim ZDF eine Primetime-Themen-Komödie so vor. Für Fred Breinersdorfer, der mit „Der Hammermörder“, „Die Hoffnung stirbt zuletzt“, „Ein Kind wird gesucht“ und vielen „Tatort“-Krimis oft bewiesen hat, welch glänzender Autor er ist, ist es die erste echte Komödie.
Foto: ZDF / Frank Dicks