Es ist ganz schön kompliziert, seinen Platz in der Welt zu finden. Diese Erfahrung muss die Heldin des Debütfilms von Katinka Feistl machen, ein 15jähriges Pummelchen, das ausgerechnet Model werden will oder zumindest Miss Baden-Württemberg. “Bin ich sexy?”, entstanden unter dem Dach des Kleinen Fernsehspiels, erzählt vom selbstkritischen Blick in den Spiegel, vom Selbsthass, aber auch von der Entschlossenheit und Power eines Teenagers.
“Bin ich sexy?” ist eine jener Dilemma-Fragen. Wer sie sich stellt befindet sich mittendrin in einem Teufelskreis. “Wir sind ja genau dann sexy, wenn wir uns auch selbst sexy finden”, sagt die ZDF-Redakteurin Annedore von Donop. Für diese Menschen hat sich die Frage quasi von selbst erledigt. Wer jedoch stets fragt und Fremdbestätigung sucht, der bleibt gefangen im Netz seiner Unsicherheit. Dabei ist doch die Noch-Schülerin Mareike alles andere als ein Mäuschen. Aber in Sachen Schönheit versagt das Selbstbewusstsein der sonst so Coolen. “Ich hasse mich, weil mich einfach keiner will”, gesteht sie ihrer Mutter unter Tränen. “Ich dachte, wenn ich eine Ausbildung als Model mache, dass sich dann irgendetwas aus meinem Typ machen lässt.” Aber es hagelte eben nur Absagen mit Begründungen (“da Sie den Ansprüchen unserer Kunden nicht genügen”), die alles andere als Mut machen.
Das Drehbuch von Sabine Brodersen nähert sich sehr behutsam der Welt eines Teenagers, der selbst nicht gerade zimperlich mit seiner Umgebung umgeht. Mareike wächst gemeinsam auf mit ihrer Mutter und zwei kleineren Geschwistern. Eine ungewöhnliche Sippschaft: die drei ziemlich schrägen Kinder, die sich permanent in der Wolle haben, und jene Mutter, die den Tod ihres Mannes nach zwei Jahren immer noch nicht verwunden hat und erstmals wieder ein klein wenig verliebt ist. “Es ist eine moderne Patchworkfamilie, die ein chaotisches Leben mit ihren Hühnern in Mannheim führt”, betont Katinka Feistl. Für sie war es der Sprung ins kalte Wasser. Einem Debütstoff fehlte der Regisseur. Den ZDF-Redakteuren waren ihre Kurzfilme aufgefallen. Und so bekam sie, obwohl sie noch nicht einmal mit ihrem dffb-Abschlussfilm “Siehst du mich?“ begonnen hatte, ihr erstes Langfilm-Angebot.
Dass dieser gleich zur Prime-Time gesendet wird, das hat sie neben ihrem großen Talent Brodersens authentischer Geschichte und den Schauspielern zu verdanken. Birge Schade liefert ein vielschichtiges Porträt einer etwas anderen alleinerziehenden Mutter und Marie-Luise Schramm als zickig-liebenswertes Gör hatte die Autorin beim Schreiben bereits im Kopf. Sie erwies sich als Idealbesetzung und erhielt denn auch den Förderpreis Deutscher Film als Beste Darstellerin. Die Rolle sitzt ihr besser als ihrer Mareike jede noch so edle Abendrobe, in die sie sich zwängt, um ihrem Traum nahezukommen. (Text-Stand: 7.8.2006)