Arnies Welt

Caroline Peters & Jörg Schüttauf: Sittengemälde aus der Provinz & Psychokrimi

Foto: WDR / Bernd Spauke
Foto Rainer Tittelbach

Am Anfang steht ein Unfall. Die Erwachsenen lügen sich etwas zurecht, weil sie viel zu verlieren haben. Der kleine Arnie weiß das: er war Augenzeuge. „Arnies Welt“ ist ein Film über bröckelnde dörfliche Fassaden & darüber, wie sich aus Notlügen ein undurchdringliches Lügengebäude ergeben kann, das jegliches Leben erstickt. Geschichten aus der Provinz, Skurrilitäten in der zwischenmenschlichen Kampfzone, großartige Schauspieler. „Arnies Welt“ wurde 2007 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.

Hannah Bäumer ist Kleptomanin, sie verbüßt gerade eine Bewährungsstrafe. Ihr Mann ist Kommissar. Er hat sich in einen kleinen Ort in der Eifel versetzen lassen. Gerade hier kann die junge Frau das Klauen aber nicht lassen. Die Provinz geht ihr auf die Nerven. Mit ihrem Mann hat sie seit Monaten kein vernünftiges Wort gesprochen. Es ist ein Teufelskreis. Ausgerechnet durch einen mysteriösen Autounfall gelingt es ihr, auszubrechen. Sie spürt, dass etwas nicht stimmt. Ihr Mann will den Fall rasch zu den Akten legen, weil ihn eine Mitschuld trifft. Es gibt mehrere Falschaussagen. Der kleine Arnie weiß das. Er war Augenzeuge bei dem Unfall.

„Arnies Welt“ ist ein Film über bröckelnde dörfliche Fassaden und darüber, wie sich aus kleinen Notlügen ein undurchdringliches Lügengebäude ergeben kann, das jegliches Leben erstickt. „Erzählt wird von ganz normalen Leuten, die versuchen, ihre Schwächen zu verbergen und ihre Geheimnisse zu wahren“, so die Regisseurin Isabel Kleefeld. Für sie ist der Film „ein dörfliches Sittengemälde, das sich in einen psychologischen Krimi verwandelt.“ Entstanden ist diese bemerkenswert atmosphärische WDR-Produktion nach dem Roman von Maeve Carels. „Man spürt die literarische Vorlage“, so der männliche Hauptdarsteller Jörg Schüttauf. „Die Figuren, die Konflikte, die Sprache, das ist hier einfach dichter.“ Das muss dann auch entsprechend gespielt werden: still, zurückgenommen, in sich hinein, denn in diesem Dorf will sich keiner vom anderen in die Seele schauen lassen.

Arnies WeltFoto: WDR / Bernd Spauke
Arnie (Bruno Schubert) weiß mehr als die Erwachsenen; es belastet den Jungen allerdings schwer.

Dem gewohnt überzeugenden Schüttauf steht die weibliche Hauptdarstellerin Caroline Peters („Schöne Frauen“) in nichts nach. Anfangs mimt sie die Fahrige, gibt die krankhaft Besessene, die ihr Tun nicht unter Kontrolle hat, bevor sie weichere und liebenswertere Züge ihrer Figur anklingen lässt. „Hannahs Kleptomanie ist ein Versuch, auf sich aufmerksam zu machen“, sagt Peters. „Am Anfang ist Hannah selbst davon überzeugt, krank, anders und schlechter zu sein als die anderen.“ Im Verlauf der Handlung aber kommt es zur Selbstheilung und zur Erkenntnis: „Die anderen pfuschen und lügen, und ich bin die einzige, die die Wahrheit ans Licht bringen will.“ Mit derselben Selbstverständlichkeit, mit der Hannah anfangs stiehlt, hilft sie später. Dieser unverstellte Selbstbehauptungswille, diese Direktheit, mit der die Heldin lebt, leidet oder lacht, bringt sie dem Zuschauer von Szene zu Szene näher.

„Arnies Welt“, dieser Psychokrimi aus der Eifel, setzt nicht auf große Spannung. Eher geht es um die kleinen, alltäglichen Geschichten und darum, wie sie sich zusammenfügen. So kann es gehen im Leben! Der Zuschauer ist den Figuren oft einen Schritt voraus, was die Aufmerksamkeit aber keineswegs schmälert. Pointierte Dialoge, kantig-urige Typen, gespielt von Matthias Brandt, Martin Lindow oder Enno Hesse, und ein wunderbar trockener Humor hellen das deprimierende Treiben in der zwischenmenschlichen Kampfzone immer wieder auf. „Arnies Welt“ wurde 2007 mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet.

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Fernsehfilm

WDR

Mit Caroline Peters, Jörg Schüttauf, Bruno Schubert, Matthias Brandt, Enno Hesse, Martin Lindow

Kamera: Rainer Klausmann

Schnitt: Andrea Mertens

Musik: Annette Focks

Produktionsfirma: Little Shark Entertainment

Drehbuch: Meike Oppermann, Isabel Kleefeld

Regie: Isabel Kleefeld

Quote: Wh. (20.7.2011): 5,12 Mio. Zuschauer (17,2% MA)

EA: 03.05.2006 20:15 Uhr | ARD

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