Italienisches SEK und zwei deutsche Terrorismus-Experten tauchen plötzlich in Italien auf, wohin sich der Ex-Aktivist Amigo Steiger vor 20 Jahren abgesetzt hatte. Aus dem militanten Linken ist ein Bauer geworden. Der Zugriff scheitert. Steiger schießt einen der BKA-Beamten an und kann fliehen – zu seiner Geliebten, einer Ärztin, die wenig später den verletzten Deutschen operieren wird. Der Mann auf der Flucht, der Geld braucht, reist mit falschem Pass nach Deutschland ein. In Hamburg fühlt er seinen beiden politischen Mitstreitern von einst auf den Zahn. Steiger will wissen, wer ihn verraten hat. Ist es der selbstgefällige Anwalt Fritz Declair? Oder der Verleger Alexander Bosch, der in einer persönlichen Krise steckt? Er wird von Islamisten bedroht, sein Stiefsohn macht auf renitenten Sprayer und sein Verlag schreibt tiefrote Zahlen. Sinnt Amigo auf Rache oder wird er selbst Opfer eines Komplotts?
Lars Becker bekommt sie alle: Tobias Moretti, Jürgen Prochnow, Uwe Ochsenknecht, August Zirner, Ina Weisse, Florian David Fitz, Kostja Ullmann, ja sogar Martin Brambach, Maren Eggert oder Peter Jordan für Ein-Tages-Rollen. Nur seinen Roman „Amigo“ bekommt er nicht in den Griff. Die Verfilmung seines Krimis von 1991 hat ein Erzählproblem. Zwei Geschichten werden parallel entwickelt. Lange fragt man sich, was einem „Amigo – Bei Ankunft Mord“ erzählen möchte. Die Faszinationskraft beider Geschichten hält sich in Grenzen. Die Details, die skurrilen Andeutungen im Dialog, das, was Beckers „Nachtschicht“ so reich(haltig) macht, gibt es ansatzweise auch hier, aber diese Verspieltheiten laufen weitgehend ins Leere. Die „Nachtschicht“-Dramaturgie sorgt für eine Sortierung der Ideenfülle, sie schafft wie von selbst eine Struktur: diese Filme erzählen sich selbst – aus ihrer Montage heraus. „Amigo“ kann auf diese Struktur nicht setzen, bräuchte deshalb zumindest einen zarten finalen Spannungsbogen. Erst nach 30 Minuten blickt man langsam durch.
Foto: ZDF / Stephan Persch
Dann benötigt Becker noch einmal über 30 Minuten, um die Handlungsfäden zusammenzubringen, muss höchst unelegant den Zufall in Form eines Unfalls bemühen, um die Handlung seines verkappten RAF-Thrillers von Vätern und Söhnen, von Ex-Terroristen und Noch-immer-Opfern irgendwie in die Schlussgerade zu bugsieren. In den letzten 20 Minuten läuft die Geschichte dann sehr viel runder. Endlich, viel zu spät, werden Bezüge hergestellt, und endlich gibt es zumindest eine Szene, die sich in der Erinnerung einbrennen wird. Wenn sich Vater und Sohn, der Linksextremist, der zum Mörder wurde, und der militante Sprayer, gegenübersitzen, in der Falle, wenn sie nach Worten ringen für das, was sie getan haben, dann weiß man plötzlich, was diesem Film über weite Strecken fehlt: ein Herz, eine Haltung, eine Seele. So gut die Schauspieler auch sind – außer dieser Szene zwischen Tobias Moretti und Kostja Ullmann lässt einen dieser Thriller ziemlich kalt. Und über das implizite Thema des Films, „es gibt Ex-Terroristen, aber keine Ex-Opfer“, weiß der Genrefilmer Lars Becker auch nicht allzu viel zu erzählen. Am Ende ist es dann eben doch mal wieder nur ein Film über Männer, die tun, was sie tun müssen.