Als meine Frau mein Chef wurde…

Marie-Lou Sellem, Götz Schubert, Edda Leesch. (Anti-)Ehe-Romanze und Berufswelt

Foto: Degeto / Marion von der Mehden
Foto Rainer Tittelbach

Eine Firmen-Intrige bringt eine glückliche Ehe ins Wanken. Man ahnt, wie es kommen wird in „Als meine Frau meine Chefin wurde…“, dieser von Edda Leesch gut ausgedachten, flüssig und modern von Matthias Steurer inszenierten, charakterstarken Arbeitswelt-Familien-Dramedy. Man erhofft es sich aber auch, denn dieses Paar, wunderbar „normal“ von Marie-Lou Sellem und Götz Schubert gespielt, beleidigt weder das romantische noch das realistische Zuschauerempfinden. Ebenso beiläufig wie konsequent verdichtetes Buch.

„Wie geil ist das denn: meine Frau wird meine Chefin!“ Martin Jens strahlt; er gönnt es seiner Hanna. Doch dem Leiter der Entwicklungsabteilung einer Hamburger Werft wird das Jubeln noch vergehen. Denn Juniorchef Paul Jens hat sich bewusst die im gehobenen Management unerfahrene Frau in den Vorstand geholt, um im Machtkampf mit seinem übermächtigen Vater, der sich aus gesundheitlichen Gründen aus der Firma zurückgezogen hat, endlich einmal zu punkten. Offenbar bereitet er eine feindliche Übernahme der Werft vor. Aber auch er wird sich wundern. Denn Hanna hängt sich rein; sie will den traditionsreichen Familien-Betrieb sanieren. Betroffen ist davon zunächst die Abteilung ihres Mannes: Sein Herzblut-Projekt, die Entwicklung einer wegweisenden Brennstoffzelle, muss auf Eis gelegt werden. Um eine für das Überleben der Firma wichtige Ausschreibung zu gewinnen, muss Martins Fachabteilung Zuträgerdienste leisten. Nicht zuletzt durch eine Verschwiegenheitsklausel in Hannas Vertrag haben sie und Martin sich beruflich immer weniger zu sagen. Aber auch zuhause brennt die Hütte – und Martins stichelnder Vater gießt noch reichlich Öl ins Feuer.

Klare Sache, diese Hanna Jens wird sich nicht „zuscheißen“ lassen vom Geld und den Verführungen der Macht, sie wird ihrem Instinkt folgen, Haltung bewahren, sie wird – aufgerieben zwischen Betriebswohl und Familienglück – ans Ende ihrer Kräfte gelangen und sie wird ihre Ehe retten; auch weil der ausbruchwillige Ehemann letztlich doch weiß, was er an ihr hat. Obwohl man das alles als Zuschauer ahnt (schließlich befinden wir uns am Freitag in der ARD), empfindet man das Happy End von „Als meine Frau meine Chefin wurde…“ und den Weg dorthin zu keiner Zeit als die abgeschmackte Erfüllung eines immergleichen dramaturgischen Musters. Das liegt vor allem daran, dass man der simplen Intrige zum Trotz das Gefühl einfach nicht los wird, es hier mit Menschen zu tun zu haben, deren Verhalten Spuren von Wahrhaftigkeit und Realitätsnähe besitzt. Beide Ebenen, die berufliche und die private, bedingen sich wie im richtigen Leben gegenseitig, sind eng verzahnt – leichte Überhöhung inklusive. So klug und zugleich kurzweilig kombiniert bekommt man Arbeitswelt und Familienalltag im Rahmen eines leichten Unterhaltungsfilms selten präsentiert. In Ermangelung neuerer Beispiele kommen kommen Erinnerungen auf an „Diese Drombuschs!“.

Die besondere Qualität des Drehbuchs liegt in der Verdichtung der Hauptstory durch die vielen Nebenhandlungen, die alle im weitesten Sinne etwas mit Generationskonflikten, Geschlechter-Differenz und gewandelten Rollenbildern (die Frau als Chef des Mannes, der Sohn will zum Ballett) zu tun haben. Was die Berufswelt angeht, baut Autorin Edda Leesch, renommiert im Bereich der anspruchsvollen Unterhaltung, massiv auf Sozialromantik. Stimmiger fällt die (Anti-)Ehe-Romanze aus. Die Botschaft, die sich sanft über die zentralen Beziehungen dieses Films legt: Ohne Offenheit kein Vertrauen und ohne Vertrauen geht sowieso nichts. Ob man als Zuschauer die Rezeptur eines solchen Beziehungs(ratgeber)films annimmt oder nicht, hängt maßgeblich von den Protagonisten ab. Marie-Lou Sellem und Götz Schubert verleihen ihren Figuren durchweg liebeswerte Züge. Sie geben ein Paar mit hohem Identifikations-Potenzial, dem man nur das Beste wünscht. Schon allein deshalb wird kaum ein Zuschauer etwas am glücklichen Verlauf der Handlung auszusetzen haben. (Text-Stand: 8.1.2013)

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Marie-Lou Sellem, Götz Schubert, Ulrich Pleitgen, Louis Althaus, Patrick Heyn, Marita Breuer, Luisa Katharina Davids, Rolf Becker

Kamera: Helmut Pirnat

Schnitt: Andrea Fahning

Produktionsfirma: filmpool fiction

Produktion: Iris Kiefer

Drehbuch: Edda Leesch

Regie: Matthias Steurer

Quote: 3,32 Mio. Zuschauer (10,2% MA)

EA: 01.02.2013 20:15 Uhr | ARD

Spenden über:

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