Abschied in den Tod

Denise Zich, Susanne Lothar & eine Produktionsgeschichte, spannender als der Film

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Foto Rainer Tittelbach

Es sollte ein für die ARD extremer Film werden: ein Thriller über einen australischen Serienmörder, der an Rucksacktouristen seine perversen Gelüste auslebt – frei nach den Taten des legendären „Down under“-Killers Ivan Milats. Dass ein Regisseur (während der Postproduktion) gefeuert wird, hat man nicht alle Tage. Dass es sich mit Martin Buchhorn vom Saarländischen Rundfunk 2001 um den Fernsehspielchef eines ARD-Senders handelte, war doppelt brisant. Und der Film ist ein rüdes Kolportage-Brutalo-Movie geworden.

Es sollte ein für die ARD extremer Film werden – das war von vornherein klar. Ein Thriller über einen australischen Serienmörder, der an Rucksacktouristen seine perversen Gelüste auslebt. Frei nach den Taten des legendären „Down under“-Killers Ivan Milats. „Bei einer so harten Geschichte war es klar, dass es eine Gratwanderung werden würde“, so Produzent von Fürstenberg. Dass „Abschied in den Tod“, der für den Hauptabend-Termin am Mittwoch produziert wurde, zur Premiere 2001 am Spätabend versendet wurde, war nur der Höhepunkt einer Projekt-Geschichte, die aufregender war als der vier Millionen Mark teure Fernsehfilm.

Dass ein Regisseur (während der Postproduktion) gefeuert wird, hat man nicht alle Tage. Dass es sich mit Martin Buchhorn vom Saarländischen Rundfunk sogar noch um den Fernsehspielchef eines ARD-Senders handelt, ist doppelt brisant. „Es wurde viel schmutzige Wäsche gewaschen im vergangenen Jahr“, sagt ein Bavaria-Pressesprecher. Die Klage Buchhorns gegen die Bavaria zog sich hin, der Sendetermin musste mehrmals verschoben werden. Am Ende bekam die Münchner Produktionsfirma Recht. Die Bavaria bemängelte vor allem die Arbeitsweise des Regisseurs: Der Umgang mit dem Team, aber auch handwerkliche Unzulänglichkeiten wurden Buchhorn, der zuletzt mit der ambitionierten Grass-Verfilmung „Die Rättin“ für Furore sorgte, vorgeworfen. „Ohne Nachdrehs der Second Unit hätte man den Film nicht schneiden können, etliche Szenen waren unvollständig“, so von Fürstenberg.

Abschied in den TodFoto: Degeto
Noch sieht alles ganz harmlos aus. Mit der Schlammschlacht hinter den Kulissen kann „Abschied in den Tod“ ohnehin nicht mithalten.

Buchhorn spricht im Gegenzug von „einer teilweise veralteten Produktionstechnik, wie ich sie selbst in der Sowjetunion in den 80er-Jahren nicht mehr erlebt habe“. Die Schlammschlacht endete im gegenseitigen Vorwurf von Alkoholexzessen während der Dreharbeiten und dem Urteil des australischen Producers Tom Parkinson, der Martin Buchhorn für „einen der schlechtesten Regisseure“ hielt, mit denen er in 35 Jahren zusammengearbeitet hat. Dem Film – wahrlich keine Perle des amerikanisierten TV-Movies – sieht man die Produktionsquerelen nur bedingt an. Problematisch ist aber – wie so häufig bei internationalen Koproduktionen – die Mischung der deutschen und australischen Schaupieler. Und auch die Story wurde offenbar zusammengeschustert nach dem Prinzip des kleinsten gemeinsamen Nenners.

Vor Überraschungen jedenfalls braucht der Zuschauer keine Angst zu haben in jenem Film über eine Abiturientin (Denise Zich), die auf den Pfaden der Aborigines wandern und endlich ihrer klammernden Mutter (Susanne Lothar) entfliehen möchte und in die Klauen eines Rucksackmörders gerät. Es gibt gute und falsche Freunde, einen seltsamen „Onkel“ (Dieter Laser), es gibt menschliche Zeitbomben und reichlich hingemetzelte Tote. Hinter der Entscheidung des SR-Jugendschutzbeauftragten, „Abschied in den Tod“ nicht für 20.15 Uhr freizugeben, muss man keinen Zusammenhang mit dem SR/Bavaria-Streit vermuten. Der Film ist in der Tat ein ziemlich rüder Kolportage- und Brutalo-Thriller. Dass man beim ARD-Zwerg Saarländischer Rundfunk, der eigentlich keine Gebühren zu verschenken hat, nicht versucht hat, die beanstandeten Szenen zu entschärfen, um nicht zwei Millionen Mark fürs Nacht-Programm zu verschleudern, das aber ist einigermaßen unverständlich. (Text-Stand: 2001)

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Denise Zich, Susanne Lothar, Dieter Laser, Craigh McLachlan, Sophie Heathcote, Nicholas Bell

Kamera: Mark Bliss

Schnitt: Gaby Kull-Neujahr

Produktionsfirma: Bavaria Film

Drehbuch: John Reeves

Regie: Martin Buchhorn

EA: 26.01.2001 22:55 Uhr | ARD

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