Nun also Aachen. Nein, „Tatort“-Heimat wird die nordrhein-westfälische Kurstadt zwar noch nicht, aber immerhin erstmals Schauplatz einer Krimiserie. „Zwischen den Zeilen“ heißt der neue Rettungsversuch des ARD-Vorabends unter dem Label „Heiter bis tödlich“. Und der zeigt, dass im Ersten für diese heitere Krimireihe wohl schon langsam die Ideen auszugehen scheinen. Denn die Konstellation – aufstrebende Journalistin landet in der Provinz und erweist sich dort bei ihren Recherchen als kriminalistische Spürnase – kennt man bereits aus der Serie „Fuchs und Gans“, die erst vor einigen Monaten auf dem Vorabend-Sendeplatz startete. Auch wird dort munter mit Journalisten-Klischees gespielt, bei „Zwischen den Zeilen“ geht man aber gleich in die Vollen. Der ausgefuchste Verleger, der zum Zyniker verkommene ehemalige Starreporter, eine Sekretärin, die aus der Fußpflege kam und gerade mal weiß, wie herum man den Telefonhörer hält und ein indischer Filmfreak als Lokalreporter – um diese Figuren drehen sich die Geschichten aus der verschlafenenen Aachener Zeitungsredaktion, die durch eine „Bridget Jones des Lokaljournalismus“ durcheinandergewirbelt wird. Immer eins drüber, immer eins zuviel – so der erste Eindruck dieser leidlich unterhaltsamen Krimikomödienserie.
Das Prinzip ist bekannt und wurde in dieses Reihen-Verbunds schon reichlich strapaziert: Zwei Menschen und zwei Welten prallen aufeinander. Die junge Journalistin Maja Becker (Josephine Schmidt) glaubt an das Gute und kämpft für eine gerechte Welt. Dass ihr dabei gerne Missgeschicke passieren, bezeichnen die Menschen um sie herum als „Zerstörungsdrang“. Und so wird sie von ihrem Verleger von Düsseldorf nach Aachen abgeschoben, nicht zuletzt auch, um den dortigen Lokalredaktionsleiter Paul Jacobs (Ole Puppe) dazu zu bringen, freiwillig zu kündigen. Der ehemalige Starjournalist glaubt gar nichts mehr, ist zum Zyniker geworden und lässt sich für Jubelartikel von den örtlichen Unternehmern einkaufen. Die meiste Zeit verbringt er mit dem Mixen von Wodka-Martinis mit Kopfschmerztabletten. Es kommt wie es kommen muss: Maja mischt den Laden auf, recherchiert gegen den Willen ihres Chefs und deckt dabei mit unorthodoxen Methoden Mordfälle und sonstige Verbrechen auf. Argwöhnisch betrachtet werden ihre Erfolge von der krankhaft ehrgeizigen Polizeikommissarin Susanne Bradulic (Nina Petri). Das feste Ensemble runden Redaktionssekretärin Jennifer (Constanze Behrends), eine ehemalige Fußpflegerin, die arg an die legendäre „Kir Royal“-Figur Edda (gespielt von Billie Zöckler) erinnert, und der schräge Inder Rajesh ab, der in der Redaktion für Sport und das Filme-Raten zuständig ist.
Ob Mord an einem Veganer oder der mysteriöse Tod eines Trauzeugen (in dieser Folge ist der näselnde, ehemalige „Catwalk“-Experte aus der Heidi Klum-Topmodel“-Show, Miguel Jorge Gonzalez Madrigalm, zu sehen) – die Fälle, mit denen sich die Reporterin des „Westdeutschen Merkur“ beschäftigt, geraten eher in den Hintergrund. Die Figuren, der Lokalkolorit, das Reporterleben und die Dialoge stehen bei „Zwischen den Zeilen“ im Vordergrund, sie tragen aber nicht. Die Figuren sind allzu holzschnittartig, die Zeitungsredaktion bietet nur die üblichen in Serien benutzten Klischees und die Dialoge sind alles andere als spritzig und pointiert. Gefangen in diesem Korsett, können sich Josephine Schmidt, Ole Puppe und Nina Petri nur mühsam entfalten. Schade, wieder eine Chance vertan, sich mal klug und pfiffig mit dem Thema Journalismus auseinanderzusetzen und den ARD-Vorabend zu retten. Auf ein Neues!