Zimtstern und Halbmond

Atzorn, Ellert, Potthoff und eine nicht ganz so verrückte bayerisch-arabische Hochzeit

Foto: Degeto / Erika Hauri
Foto Rainer Tittelbach

„Zimtstern und Halbmond“ erzählt von einer deutsch-palästinensischen Liebe, einer bayerisch-arabischen Familienzusammenführung und einem muslimisch-katholischen Glaubenskrieg. Das daraus entstehende Tohuwabohu endet mit einem weisen Kompromiss des Herzens. So kriegt diese Degeto-Produktion die Kurve zur universalen Versöhnung mit dem Vater als allwissendem Erzähler. Allzu frech wird hier nicht gewitzelt. Erst muss die arabische Kultur erklärt werden, bevor man sich über sie lustig macht. Ein gelungener Weihnachtsfilm!

Barbara, angehende Pilotin, um die 30, hat Eltern, die sich rührend um sie sorgen. Alle bisherigen Freunde hat Vater Gottfried ihr schlecht gemacht – auch jetzt versucht er es wieder: Nur Bodenstewart? Das kann nicht der Richtige sein! Heiligabend staunt er dann nicht schlecht. Ein Mann aus Bethlehem steht vor der Tür: Barbaras heiß geliebter neuer Freund heißt Kamal Abul Khalil. „Er ist Moslem, er ist Palästinenser und er will ein Flugzeug fliegen“, gibt der geschockte Vater seiner besseren Hälfte zu verstehen. Es folgen Beleidigungen und der Auszug aus dem elterlichen Paradies. Doch gegen die Liebe hat Gottfried erstmal keine Argumente – und so lädt er schließlich Kamal doch noch zähneknirschend ein, mit seiner Tochter gemeinsam unter seinem Dach zu leben. Das geht leidlich gut – bis zu der frohen Botschaft von Barbaras Schwangerschaft. Nach den politischen Ängsten werden nun die religiösen Vorurteile bemüht – und dann steht plötzlich Kamals Sippschaft vor der Tür.

Zimtstern und HalbmondFoto: Degeto / Erika Hauri
Winke, winke – Kamals Vater scheint auch nicht begeistert zu sein von der neuen Flamme seines Sohns. Lisa Maria Potthoff und Omar El-Saeidi in „Zimtstern und Halbmond“

„Zimtstern und Halbmond“ erzählt von einer deutsch-palästinensischen Liebe, einer bayerisch-arabischen Familienzusammenführung und einem muslimisch-katholischen Glaubenskrieg. Das daraus entstehende Tohuwabohu endet mit einem weisen Kompromiss – ausgerechnet aus dem Mund des hanseatischen Vaters der Braut, der am heftigsten protestiert hat gegen diese „gefährliche“ Verbindung. Es ist ein Kompromiss des Herzens – und da kriegt diese Degeto-Produktion dann doch wieder die Kurve zur universalen Versöhnung mit dem Vater als altklug-allwissendem Erzähler, wie man sie am Freitagabend gewohnt ist. Aber bis dahin darf man sich wundern über die augenzwinkernde Ernsthaftigkeit, mit der das Thema angegangen wird. Zwar geht Autor Daniel Speck nicht mit der Frechheit und Respektlosigkeit, dem Witz und der Pointendichte zur Sache wie bei seinen Erfolgskomödien „Meine verrückte deutsch-türkische Hochzeit“ oder „Maria, ihm schmeckt’s nicht“ – doch das dürfte nicht nur dem Sendeplatz, sondern auch dem größeren Angstpotenzial und der Unkenntnis, was den arabischen Kulturkreis angeht, geschuldet sein. Die Handlung muss die palästinensische Mentalität erst erklären, da bleibt nicht mehr viel Zeit, sich lustig zu machen.

Auch wenn der Schlusssatz „denn am Ende geschieht überall die gleiche Geschichte“ etwas zu viel Puderzucker streut über den sich immer deutlicher abzeichnenden Konflikt zwischen der leisen matriarchalischen Dominanz in einer liberalen deutschen Familie und des patriarchalischen Machtanspruchs, der aus dem Morgenland herüberweht, so ist es doch ein geschickter Drehbuch-Trick, die Beziehung der Jugend mit der Beziehung von Barbaras Eltern kurzzuschließen und so den Konflikt-Horizont zu erweitern. Händchen bewiesen die Macher auch bei der Besetzung. Robert Atzorn als Zugpferd, Gundi Ellert als echte bayerische Marke, Lisa Maria Potthoff als das „Fräulein“ für die anspruchsvollen Fälle, die in dieser Rolle eine enorme Bandbreite der Gefühlslagen zeigen darf, Omar El-Saeidi, der auch beim Zuschauer alle Vorurteile zum Schmelzen bringen dürfte, und Kabarettist Sigi Zimmerschied als Mann für die Insider. Nicht zu vergessen der Schnee: der muss bestellt gewesen sein. Wunderschön wie er das handfeste Familiengeschehen mit einer märchenhaften Stimmung kontrastiert.

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Robert Atzorn, Gundi Ellert, Lisa Maria Potthoff, Omar El-Saeidi, Sigi Zimmerschied, Ramin Yazdani

Kamera: Helmut Pirnat

Schnitt: Gisela Zick

Musik: Stephan Massimo

Produktionsfirma: Claussen+Wöbke+Putz

Produktion: Jakob Claussen, Thomas Wöbke, Uli Putz

Drehbuch: Daniel Speck

Regie: Matthias Steurer

Quote: 4,21 Mio. Zuschauer (13,1% MA)

EA: 17.12.2010 20:15 Uhr | ARD

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