Noch immer belastet Hauptkommissar Jan Fabel sein letzter Einsatz, der einem Kollegen das Leben kostete. Drei Monate sind vergangen – und der Mann will mit einem neuen Fall seine Schuldgefühle und Alpträume bekämpfen. Mit seinem alten Team muss er den Mord an einem 16-jährigen Mädchen aufklären. Der Routinefall zieht eine lange Blutspur nach sich. Offenbar geht in Hamburg ein Ritualmörder um, der nach den Mustern alter Märchen mordet. Texte aus blutigen Brüder-Grimm-Fabeln, die bei den Leichen abgelegt werden, verweisen auf das nächste Verbrechen. Doch die Polizei kommt jedes Mal zu spät. Im Laufe der Ermittlungen gibt es zwei Verdächtige: ein krimineller Rocker, der seinen Vater mit einem Hammer erschlagen hat, und ein erfolgreicher Horrorschriftsteller, der lange unter dem Wahn lebte, ein Werwolf zu sein. Ist einer von denen der Mann, der täglich am Krankenbett seiner gelähmten Mutter verweilt und ihr Bericht erstattet über seine Morde („Ich hab es wieder getan, Mutti“).
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Jan Fabel ist ein Mann, der nicht viele Worte verliert. Er will einfach nur seinen Job machen, und er will ihn dieses Mal gut zu Ende bringen. Nur das gibt ihm die Bestätigung, dass er ein guter Polizist ist. Peter Lohmeyer spielt diesen Mann, der tut, was ein Mann tun muss – und es gelingt ihm, dass es nicht aussieht wie ein auf Coolness getrimmtes Filmklischee. Wie der Schauspieler, der seine „ernsten“ Rollen wörtlich nimmt, diesem traumatisierten Fabel Leben einhaucht und einen unverkennbaren Stil gibt, ist eine sehr markante Bewerbung für eine Reihe. Aber auch die anderen im Team sind krimigestählt, schusswaffenerprobt und eine Klasse für sich: Lisa Maria Potthoff ist eine, die in Krimis auch nicht gern lächelt, was man von Hinnerk Schönemann nicht sagen kann. Sie bilden mit Marie-Lou Sellem als Psychologin, die Berufliches mit Privatem ungebührlich vermischt, eine zweite Reihe, die im deutschen Krimi ihresgleichen sucht. Da kommt kein normaler „Tatort“ ran, allenfalls Lars Beckers ZDF-Reihe „Nachtschicht“ kann mit dieser großartigen Besetzung konkurrieren.
Bleibt der Krimifall. Und der kommt weder zu fernsehkrimibanal alltäglich noch zu mythologisch abgehoben daher. Bis auf den mordenden Märchenonkel und den von Markus Boysen mit wölfischer Physiognomie verkörperten Schriftsteller ist die Mehrzahl der Figuren solide geerdet auf den Straßen von Hamburg. „Wolfsfährte“ lebt mehr als andere 90-minütige Krimis von Atmosphäre, Rhythmus und seinen Charakteren. Das ist nicht Dienst nach Vorschrift, das ist Stil an der Waffe – ein guter Mix aus Psychologie, Action und Mythenzauber. Craig Russell hat bisher drei Romane um Kommissar Fabel geschrieben. Eine kleine Reihe wäre also denkbar und bei diesem Qualitätsniveau durchaus wünschenswert.