Rostock in den 80er Jahren. Die Freunde Cornelis (Alexander Fehling) und Andreas (August Diehl) arbeiten im Hafen und haben nur ein Ziel: Sie möchten als Matrosen hinaus aufs Meer. Nebenbei führt Cornelis eine heimliche Beziehung mit der Vietnamesin Phuong Mai (Phuong Thao Vu). Um ihren Traum zu verwirklichen, lassen die beiden jungen Männer sich von der Stasi anheuern. Sie sollen Vorarbeiter Matze (Ronald Zehrfeld) ausspionieren, da dieser einen Fluchtversuch plant. Im letzten Moment bekommt Cornelis Zweifel und hält Informationen zurück. Dennoch wird Matze festgenommen. Da Cornelis weiß, wer ihn verraten hat, wird seine Freundschaft mit Andreas auf eine harte Probe gestellt. Nach einer Auseinandersetzung kommt es zu einem tragischen Unglück und Andreas landet im Rollstuhl. Cornelis will mit seiner Freundin in den Westen fliehen, wird geschnappt und landet im Gefängnis. Andreas wird zum Handlanger der Stasi, gibt alle Ideale auf und heckt einen perfiden Racheplan aus.
Das Meer hat es Regisseur Toke Constantin Hebbeln angetan. Mit seinem Film „Nimmermehr“ gewann der Absolvent der renommierten Ludwigsburger Filmakademie 2007 einen Studenten-Oscar. Und nun also „Wir wollten aufs Meer“, produziert u.a. von einem seinem ehemaligen Lehrer, Nico Hofmann. Man sieht, wie sehr sich Hebbeln in seinem Langfilm-Debüt bemüht, die Figuren in all ihren Schattierungen und ihrer Zerrissenheit zu zeigen. Dennoch bleibt manches allzu schwarz-weiß, die Geschichte, wie aus Freunden Feinde werden, wird zum Duell Gut gegen Böse. Alexander Fehling („Goethe!“) und August Diehl („Dr. Aléman“) sind eine vortreffliche Besetzung: hier der zweifelnde, sensible Cornelis, da der rachsüchtige, verbitterte Andreas. Und mittendrin der physisch wie psychisch stets überaus präsente Ronald Zehrfeld als Hafenvorarbeiter Matze. Drumherum versucht Regisseur Hebbeln, der mit seinem früheren Studienkollegen Ronny Schalk auch das Drehbuch geschrieben hat, die kühl-abstrakte Historie der Stasi-Arbeit geschickt zu personalisieren. Rolf Hoppe brilliert als Stasi-Offizier Oberst Seler, der sich nie die Finger schmutzig macht. Sylvester Groth ist als Gentleman-Agent, der Frauen verführt, um an Informationen zu kommen, bestens besetzt, und Thomas Lawinky spielt den fiesen Gefängnis-Direktor Fromm brutal überzeugend.
Zweifelsohne hat die Geschichte ein enormes psychologisches Potential, das der Regisseur auch weitgehend ausreizt. Schwer nachvollziehbar ist aber der abgrundtiefe Hass des an den Rollstuhl gefesselten Andreas auf seinen einstigen Kumpel. Klar, der hat ihm den Weg aufs Meer verstellt, klar, der war – indirekt beteiligt – an dem Unglücksfall, der ihn zum Krüppel gemacht hat. Aber so ganz erschließt sich nicht, warum der Hass so groß ist. Spannung, wenn auch mehr äußere, gibt es reichlich, auch Action mit Fluchtversuchen und Knastgewalt kommt nicht zu kurz – Hebbeln hat einen sehr zupackenden Inszenierungsstil. Insgesamt ein gelungenes Langfilmdebüt eines Regisseurs, von dem man sicher noch hören wird.