Zur Beerdigung seiner Mutter kehrt IT-Berater Frank Lechner (Felix Klare) mit seiner Frau Sabina (Patrizia Aulitzky) und dem gemeinsamen Sohn Tim (Levin Mahin) in die bayerische Heimat zurück. Es ist nur ein Kurz-Besuch, ein „sich endlich mal sehen lassen“, wie Franks Bruder Christian (Shenja Lacher) säuerlich bemerkt. Unausgesprochenes beherrscht die Atmosphäre zwischen den Brüdern. Bald auch zwischen Frank und Sabina. Der dörflichen Idylle, die Sabina begeistert, kann Frank nichts abgewinnen. Während sie mit Tim über die Ferien in Bayern bleibt, ihren Mann sogar überredet, sein Elternhaus zu behalten, kehrt Lechner nach Frankfurt zurück. Das Terrain dort ist sicher. Er sitzt in gläsernen Bürotürmen und macht seinen Job. Als sein Gegenüber einen erfolgreich abgeschlossenen Vertrag mit den Worten „Wir haben einen Deal“ beschließt, gerät er plötzlich in Panik. Vier Worte sind der Trigger zu aufblitzenden Erinnerungen aus seiner Kindheit. Bruchstückhaft erhellen sie, was Lechner mit sich herumträgt. Immer wieder ist der achtjährige oder der inzwischen erwachsene Frank in diesen Erinnerungsfetzten auf der Flucht. Seit Kindertagen rennt er weg. Das Unausgesprochene bricht sich in den Bildern bahn und am Ende weiß der Zuschauer: Frank Lechner schweigt über die sexuellen Übergriffe seines damaligen Fußballtrainers Klaus Wille (Peter Lohmeyer). Der ist inzwischen sowas wie der Kaiser von Eigelfing. Die graue Eminenz eines Fußballvereins, in dem Lechners Sohn gerade sein erstes Training absolviert. Peter Lohmeyer geht den Part ruhig an. Still, selbstsicher und dadurch umso bedrohlicher überzeugt er als Täter, der als Gönner auftritt.
Schon früh im Film wird klar, dass die Vergangenheit Frank Lechners Existenz auf mehreren Ebenen ins Wanken bringt. Drehbuchautorin Marie-Helene Schwedler und Regisseurin Felicitas Korn setzen die Erschütterungen auf verschiedenen Spannungsebenen um. Es geht um die Frage, ob Frank sich überwinden und Klaus Wille anzeigen wird. Es geht aber auch darum, wie ein Paar und eine Liebe unter diesem Druck bestehen kann. Wie die Wahrheit alles verändert, zeigt das Spiel von Felix Klare und Patricia Aulitzky, nachdem Frank seiner Frau in einem Moment größter Schwäche von dem Missbrauch erzählt hat. Das eingespielte Verhältnis der beiden ist zurück in der Schwebe. Bevor sie in einen erschöpften Schlaf fallen, lässt er sich wie ein Kind von ihr halten. Als sie ihn am nächsten Morgen fragend anschaut, sitzt er am Laptop und führt Geschäftsgespräche, als wäre nichts geschehen. Genauso gefasst sitzt er der sichtbar erschöpften Sabina beim Hotelfrühstück gegenüber. Da ringen zwei Menschen um die Fassade und einer hat Erfahrung damit. Mehr Dialoge und Erklärungen braucht es nicht. Ein Verbrechen muss aufgedeckt und ein Verhältnis neu definiert werden.
Unter dieser Prämisse kehren die Lechners nach Bayern zurück. Die Vergangenheit ist im Elternhaus präsent, obwohl Sabina als gelernte Innenausstatterin schon mit dem Renovieren begonnen hat. Da steht noch die knallorange Kaffeemaschine vor holzvertäfelten Wänden, in der Küche die alte Sitzbank, auf dem Bröckelputz der Hauswand Keramik-Deko aus den Siebzigern. So schnell entkommt man all dem nicht. Drumherum sortieren sich die Dorfbewohner in Ahnende, Mitwisser und Wegschauer. Der schwelende Streit zwischen den Brüdern Frank und Christian entlädt sich in einer Keilerei auf dem Fußballplatz. Erst nachdem sich Frank zu der Anzeige gegen Klaus Wille durchgerungen hat, kommt es zur offenen Aussprache. Die Brüder standen als Fußballtalente immer in Konkurrenz zueinander und buhlten um das Lob des Vaters. Christians Rache gegenüber dem besseren war es, im entscheidenden Moment wegzusehen. Endlich ist Frank dazu imstande, das Geschehene ruhig und bestimmt auszusprechen. Seinem Bruder dagegen kippt die Stimme.
Es sind diese fein justierten Begegnungen und Dialoge, die „Wir haben einen Deal“ ausmachen. Einige wenige Bestandteile des Plots dienen dagegen zu offensichtlich der Dramaturgie. So ebnet ein kurzzeitiges Engagement der da noch ahnungslosen Sabina in Willes Baufirma den Weg zu ersten Beweisen gegen den einstigen Trainer und bringen mit Willes Sekretärin (Johanna Bittenbinder) eine wichtige Zeugin ins Spiel. Konsequent auch in diesem Strang der Geschichte: Wie zuvor auf ein wortreiches „Geständnis“ über das, was ihm angetan wurde, verzichtet die Regie hier auf das Abbilden der Aufnahmen, die die sexuellen Übergriffe aus der Fußballsaison 1989 belegen. Im letzten Drittel konzentriert sich das Drama wieder ganz auf Lechner. Neben seinem Part als Kommissar Bootz im Stuttgarter „Tatort“ hat sich Felix Klare bereits in einigen Produktionen für zwischenmenschliche Dramen und leise Töne qualifiziert. Nach dem Scientology-Drama „Bis nichts mehr übrig bleibt“ (2010) variierte er die Rolle des Ohnmächtigen unter anderem in „Weil du mir gehörst“ (2019), „Unschuldig“ (2018) und „Zweimal lebenslänglich“ (2015). Auch in „Wir haben einen Deal“ gelingt es ihm, Verzweiflung nicht in „over-acting“ ausarten zu lassen. Als Nestbeschmutzer steht Frank Lechner zum Finale ein Spießrutenlauf bevor. Bei seiner Aussage vor der örtlichen Polizei scheint die ihn verhörende Beamtin förmlich von ihm abzurücken, und wenn die Schärfe auf den beisitzenden Polizisten wechselt, erkennen wir ein Vereinsmitglied des Fußballclubs. Auch die Frage nach der Einnahme von Psychopharmaka macht den Kläger zum Verdächtigen. Erst mit dem Verschwinden eines Jungen, der mit Lechners Sohn in einer Mannschaft trainiert, wendet sich das Blatt. (Text-Stand: 2.9.2023)