Ein Mustang, ein(e) Mercedes und vier Leichen
Wo gibt’s denn so was! Vater, Bruder, Mutter – innerhalb weniger Tage ist Hans Neuhofer (Moritz Katzmair) der einzige seiner Sippe, der sich noch seines Lebens erfreut. Während ein Baucontainer seinen Bruder aus heiterem Himmel punktgenau unter sich begrub, rast er seit ein paar Tagen mit einem coolen Mustang durch die Landschaft. Für Dienststellenleiter Moratschek (Sigi Zimmerschied) kein Grund, an den Todesursachen Unfall und Suizid zu zweifeln. Dorfbulle Franz Eberhofer (Sebastian Bezzel) sieht das anders – und das, obwohl sein Blick reichlich vernebelt ist, und er nur noch Augen hat für Mercedes (Jeanette Hain), jene Femme fatale, die gar nicht so unnahbar ist wie zunächst angenommen. Die Frau, die eine einsam am Waldrand gelegene Villa bezogen hat, macht immer wieder von Franz’ kräftiger Schulter Gebrauch. Zum Leidwesen seiner Freundin Susi (Lisa Maria Potthoff). Züge nimmt der Neuhofer-Fall erst an, als sich der Ex-Kollege Rudi Birkenberger (Simon Schwarz) einmischt; der schlägt sich mit Privatobservationen durchs triste Landleben. Da ist so ein Dreifachmord wie ein Sechser im Lotto – und weil er befürchtet, dass diese Mercedes seinem Spezerl die Erfahrung von 20 Jahren Polizeiarbeit aus dem Hirn schnackselt, nimmt er die Sache nun in die Hand – bis wenig später Leiche Nr. 4 den Straßenrand säumt.
„Allerdings macht Regisseur Ed Herzog diesmal den Fehler, den er beim Vorläuferfilm „Dampfnudelblues“ so klug vermieden hat. Er verkauft Klamauk so lange als Humor, bis man an Ende glaubt, was die Regionalkomödie eigentlich widerlegen sollte: dass Bayern eben Deppen sind.“ (Süddeutsche Zeitung)
„Der Film strotzt vor derben Sprüchen, sackgroben Szenen, saukomischen Slapsticks, Knallchargen und Geisterbahnschockern. Herzogs Humor ist nichts für Zartbesaitete, das Drehbuch entbehrt jeglicher literarischen Raffinesse. Filmkünstlerisch vermag am ehesten der orgiastische Tabledance des bestrapsten Flötzingers zu überzeugen.“ (Augsburger Allgemeine)
Derb statt boshaft, deppert statt schwarzhumorig
Im Gegensatz zum Überraschungserfolg „Dampfnudelblues“ kommt der zweite Versuch von Ed Herzog & Co, einen Roman von Rita Falk in einen stimmungsvollen Komödienkrimi zu überführen, über eine launige Nummern-Revue für Fans urbayerischer Biotope und deftiger Humortonlagen nicht hinaus. Produktionspolitisch sieht „Winterkartoffelknödel“ aus wie ein klassischer Schnellschuss. Wenig ist geblieben von der Hintersinnigkeit des – wie der Titel schon sagt – stärker im Lebensgefühl des Blues’ verankerten Vorgängers und noch weniger besitzt der zweite Film, der wie der erste südlich des Weißwurst-Äquators auch kurzzeitig ins Kino kam, etwas von der Hinterfotzigkeit seiner beiden Hauptcharaktere, wie man sie in „Dampfnudelblues“ wohl dosiert verabreicht bekam. Der einst boshafte Humor ist nur noch derb, der Witz wirkt gewollt, die Dramaturgie ist dünn, und der Film leidet unter allgemeiner Kurzatmigkeit. Das ist schade, sind doch viele Gags so bayerisch deppert, dass sie schon wieder gut sind. Und Hauptdarsteller Sebastian Bezzel sorgt zumindest für ein klein bisschen Understatement. Auch einige Bilder wird man sich merken: Hund Ludwig, gemeinsam mit Franz in der Badewanne, eine Pudeldame im Würgegriff oder auf dem Fahrersitz des Polizeiautos im Rock-&-Roll-Takt wippend; eine Gaudi auch die Saufrituale und die Szenen, in denen der sexuelle Notstand („Sexualverkehr“) ausgerufen wird. Doch letztlich bleibt der Film ganz in seiner Typen- und Situationskomik verhaftet. So etwas kann durchaus große Filmkomödien hervorbringen (man denke nur an die „Inspektor Clouseau“-Filme mit Peter Sellers). Doch dafür fehlt in Herzogs Film ein roter Faden, ein komisches Strukturprinzip oder ein ernstzunehmender Subtext, beispielsweise die Unzufriedenheit mit der eigenen Existenz: Der Blues, die Melancholie, die (süchtigen) Überlebensstrategien in der niederbayerischen Hölle Niederkaltenkirchen, all diese Momente, mit denen der Unterboden des ersten Films angefüttert wurde, kommen nur rudimentär zum Zuge. In „Winterkartoffelknödel“ dominiert das Singuläre über die Komposition, der Gag über das Große und Ganze einer Komödie.