Bei Wilsberg sieht es mal wieder besonders mau in der Kasse aus. Und dann fordert auch noch das Finanzamt nach einer Steuerschätzung mehrere tausend Euro an Nachzahlungen. Da kann er von Glück sagen, dass er eines Nachts über einen Rucksack mit 20.000 Euro stolpert. Weniger schön: die Frau, die den Rucksack bei sich trug, wurde vor seinen Augen überfahren. Ekki weiß nicht, ob er seinem Freund diese verrückte Geschichte glauben kann: so viel Geld – nachts mitten im Wald – sein Auto mal wieder völlig demoliert – und dann auch noch sechs Russinnen, die Wilsberg in seinem Antiquariat beherbergt! Für jeden normal Denkenden riecht das doch alles verdächtig nach Menschenhandel und Prostitution. Auch Overbeck und die ihm unterstellte Polizeianwärterin haben Wilsberg bald auf ihrem Radar. Erst als Ekki, nachdem Alex entführt wurde, sich wieder einbringt in den Fall, kann Wilsberg einige Verdachtsmomente gegen sich ausräumen. Doch dann kreuzen zwei unglücklich agierende Kleinkriminelle die Wege der beiden, ja sogar die Berliner Mafia kommt ins Spiel.
Soundtrack: Stretch („Why Did You Do It“), Alle Farben feat. Graham Candy („She Moves Far Away“), Carl Douglas („Kung Fu Fighting“), T. Mousse („Horny“), Ida Corr („Let Me Think About“), Will I Am feat. Britney Spears („Scream & Shout“), Evelyn Thomas („High Energy“), Shaggy („Hey Sexy Lady“)
Foto: ZDF / Thomas Kost
Nach einigen ernsthaften, weniger komödiantischen Fällen bedient sich „Russisches Roulette“ wieder stärker bei all dem, was die Reihe „Wilsberg“ viele Jahre im Guten wie im weniger Guten auszeichnete. Witz und Ironie: jede Menge! Spannung: ein bisschen! Glaubhafte Charakterzeichnung: was ist das?! Man muss als Zuschauer den rituellen Reigen mitmachen wollen, um Gefallen an diesen Geschichten zu finden, die man nicht auf ihren Krimiklischee-Gehalt abklopfen sollte – um einigermaßen Spaß zu haben an dieser ZDF-Reihe. Ähnlich wie Overbeck und Springer kriminalistisch reichlich limitiert sind, so sind auch die Figuren psychologisch unterbemittelt und haben allein ihre Funktion in einem wiederkehrenden Handlungsspiel. Der in den 90er Jahren als Komödienregisseur reüssierende Eckehard Ziedrich hat seit den 00er Jahren einige „Wilsberg“-Folgen geschrieben – vornehmlich komödiantisch strukturierte Genre-Stücke. Auch bei „Russisches Roulette“ verfährt der Autor dramaturgisch ähnlich, wenngleich das Krimikomödien-Maschinchen nicht ganz rund läuft. Es wird reichlich Personal aufgefahren; allerdings wird es eher komödienhaft kreisförmig (statt krimi-like linear) angeordnet. Sechs „Parteien“ bekommen es im Krimiplot miteinander zu tun und innerhalb jeder dieser „Koalitionen“ – Wilsberg (Ekki & Alex) / Overbeck & Co (Marie & Kommissarin Springer) / zwei Kleinganoven / zwei Mafia-Killer / ein Rotlicht-Baron / der Integrationsbeauftragte der Stadt – gibt es zwischenzeitlich reichlich Spannungen.
Was zwischen den Handlungsorten Sprachschule („den Kosakenzipfel reiten“) und Puff punktuell aussieht wie ein Schaulaufen dramaturgischer (die Typen-Zeichnung) und gesellschaftlicher Klischees (die Puff-Inszenierung) aus dem muffig-spießigen Bilderfundus vergangener Jahrzehnte, wird am Ende – zumindest was den Plot angeht – von etwas Frauenpower überlagert und die „Helden“ Wilsberg & Ekki dürfen sich als „Frauenversteher“, die den „bösen Männern“ das Handwerk legen, feiern lassen… „Russisches Roulette“ wurde unauffällig von Martin Enlen inszeniert, der damit seinen fünften Film der unglaublich erfolgreichen ZDF-Reihe (zuletzt 7,35 Mio. Zuschauer: „Kein Weg zurück“) vorgelegt hat.
Foto: ZDF / Thomas Kost