„Können Sie nicht lesen?“ Bei vier Millionen erwachsenen Deutschen trifft die rhetorische Frage den Nagel auf den Kopf: Sie haben nie richtig Schreiben und Lesen gelernt. Der Film mit dem etwas irreführenden Titel „Wie buchstabiert man Liebe?“ schildert realitätsnah, wie der Alltag dieser Menschen aussieht. Anna Jurak (Suzanne von Borsody) hat sich von ihrem arroganten Mann getrennt und versucht, sich mit ihren Kindern allein durchzuschlagen. Doch ob als Kellnerin oder Kassiererin: Immer wieder scheitert sie an den verflixten Buchstaben. Ohne die Unterstützung ihrer Freundin Maria (Marie-Lou Sellem) wäre sie ohnehin längst verloren. Zu allem Überfluss ist Gatte Rolf ein ziemlicher Fiesling, der Anna nicht bloß ständig herunterputzt, sondern sich auch skrupellos Zugang zu ihrem Konto verschafft, indem er sie eine angebliche Ausbildungsversicherung für die Kinder unterschreiben lässt. Einziger Lichtblick in Annas Leben ist der griesgrämige Bestseller-Autor Tom (Peter Sattmann), der nach diversen Zusammenstößen mehr und mehr auftaut und Gefallen an ihr findet.
Das Drehbuch von Manfred Kosmann hat nur eine Schwäche, doch die ist recht störend: die mitunter allzu konstruiert wirkenden Rückführungen zum eigentlichen Thema. Damit man Annas Nöte auch ja nicht vergisst, muss zum Beispiel ein Anwalt, den sie aufsucht, am Telefon über unfähige Analphabeten schimpfen; klar, dass sie nun mit der Wahrheit nicht mehr herausrückt. Die Inszenierung trägt ebenfalls einige Male zu dick auf, weil Regisseurin Christine Hartmann immer noch einen draufsetzt. Etwas plötzlich kommt auch Toms Wandlung vom hingebungsvollen Misanthropen zum kinderlieben, hilfsbereiten Freund der Familie. Die Titelliebe allerdings ist trotzdem reine Nebensache in diesem Film. Viel wichtiger & sehenswerter sind Annas kleine Ausflüchte, mit denen sie ihr Analphabetentum nicht bloß bei Fremden, sondern auch gegenüber den eigenen Kindern zu verbergen versucht.