“Glücklich und zufrieden bis zu den Stützgriffen an der Badewanne…”, so stellt sich die Heldin in “Wer liebt, hat Recht” den goldenen Beziehungsherbst mit ihrem Ehemann vor. Doch der aufgeräumte Blick über die landschaftliche Weite der Toskana täuscht. In den Herzen herrscht Enge. 27 Jahre Ehe sind nicht spurlos an dem Paar vorübergegangen – auch wenn das Ehearrangement der beiden in dem Fernsehfilm von Matti Geschonneck und Hannah Hollinger nahezu perfekt aussieht. Iris Berben und Robert Atzorn schleppen die Beziehungsprobleme rhetorisch ausgefeilt durch dieses erlesen fotografierte Ehedrama.
Maja und Helmut sind ein modernes Ehepaar. Sie leben seit jeher eine Fernehe. Er hat eine Professur für Literatur in Tübingen, sie übersetzt italienische Architekturbücher und lebt in Berlin. Helmut sei der “Provinzheini” spottet Maja, und sie tituliert er als “Kulturheroine”. Am 55. Geburtstag von Helmut nimmt die Katastrophe ihren Lauf. “Jeder von uns könnte, wenn er es wollte, nochmal ein ganz neues Leben anfangen”, sagt er eher beiläufig. Und doch, es steckt mehr dahinter. Helmut wird nämlich nicht nur Großvater. Er ist auch noch einmal Vater geworden. Schritt für Schritt kommt Maja dem Doppelleben ihres Mannes auf die Spur.
Foto: ZDF / Ulrike Meier
Gefühle lassen sich nicht so leicht wie eine Fernehe organisieren. Und so sind diese 90-minütigen Szenen einer Ehe ein Auf und Ab der Gefühlslagen der Helden. “Mein Uterus ist überflüssig wie ein Blinddarm, aber sein Sack ist noch voll mit lebendigen Spermien!” Anfangs ist die betrogene Ehefrau verletzt und wütend. Sie spricht von Trennung. Er liebt sie offenbar mehr denn je. Ohnehin scheint die Geliebte nicht länger das Problem zu sein, sondern vielmehr ihr Baby, Helmuts Sohn. “Gegen eine Frau kann ich kämpfen – aber gegen ein Kind!” Maja, aus deren Perspektive die Geschichte erzählt ist, muss erkennen, dass nichts mehr so sein wird in ihrer Ehe, wie es einmal war. Wie sie es schafft, diese neue Praxis ihrer Liebe zu leben – das hat Klasse. Es ist ein unorthodoxes Liebeskonzept, bei dem es nicht nur einen liebenden Menschen gibt, aber bei dem nur eines zählt: “Wer liebt, hat Recht.”
Robert Atzorn als empfindsamer Frauenliebling legt einmal mehr nachdenklich die Stirn in Falten. Welche Zuschauerin kann ihm da den Liebesverrat übelnehmen?! Iris Berben überzeugt als leidgeprüfte Ehefrau. Der Schmerz steckt in jedem Gesichtszug. Man spürt die Frau, die gelebt hat und noch immer lieben will. Schonungslos sucht die Kamera in ihrem Gesicht die Spuren der inneren Verletzung. Schade, dass Geschonneck nicht noch stärker auf die physische Präsenz der Berben setzt und dass seine Lebenspartnerin Hannah Hollinger offenbar den Ehrgeiz hatte, eine möglichst große Anzahl typischer Beziehungssätze (“Du ziehst mir gerade den Boden unter den Füßen weg”) im Drehbuch unterzubringen. So zerstört der Redezwang einiges von der emotionalen Wahrheit dieses Ringens um eine Beziehung.
Foto: ZDF / Ulrike Meier