Als sie am Telefon zufällig erfährt, dass ihre Mutter im Krankenhaus liegt, reist Journalistin Joanna (Agnieszka Grochowska) zurück in ihre Heimatstadt Wroclaw (Breslau). Das Hospital ist der Vorhof zur Hölle: Lange Flure in künstlichem Licht. Ärzte, die im Vorbeigehen Todesnachrichten bellen. Krankenschwestern, die in blau und blutig angelaufenen Unterarmen nach Venen stochern. Kurze Momente des Glücks, wenn die Mutter (Grazyna Barszczewska) vorübergehend in ihre Wohnung zurück kann. Joanna will mit aller Macht das Schicksal aufhalten, hastet durchs Krankenhaus, spricht Passanten als mögliche Blutspender an, attackiert den Arzt auf der Männertoilette und wird vergewaltigt – „Wenn Du gehst“.
Der junge Mönch Lukasz (Wojciech Zielinski), ein ehemals großes Basketball-Talent, soll den Sterbenden im Krankenhaus die Beichte abnehmen. Dort läuft ihm sein kranker Vater Jowisz (Daniel Olbrychski) über den Weg, der ihm die Entscheidung, ins Kloster zu gehen, nicht verziehen hat. Widerwillig kümmert sich Lukasz um seinen Vater, der in die Hose macht und sein Bett beschmiert – auch dies eine Szene, die ausgiebig erzählt wird. Die Kamera hält konsequent die Perspektive der beiden jungen Protagonisten. Den Ekel, den Schmerz, die Angst vor dem Tod, sogar Liebe und Sex werden zu Verzweiflungstaten. Helles Licht gönnt sich dieser Film nur selten. Dafür Farbsymbolik: Das letzte Kleid, das die Mutter ihrer Tochter kauft, ist rot wie die Liebe und das Blut. An beidem mangelt es immer.
Sehr schön erzählt wird die erste Begegnung von Joanna und Lukasz, die sich vor der Krankenhaus-Tür im nächtlichen Dauerregen unter ein schmales Vordach drängen. Die Anziehungskraft, die ersten scheuen Blicke, die Annäherung – jeder nimmt das ein bisschen anders wahr. Hält sie ihn am Ende oder er sie? Dann werden sie Konkurrenten im Kampf um die wenigen Blutbeutel für ihre Eltern. Es gibt außerdem kleinere Nebenstränge: Von zwei Jungs, die glauben, ihre Mutter müsse sterben, weil sie der blaue Bademantel der Bettnachbarin krank mache. Von einer jungen Frau, die im Bienenkostüm um ihre große Liebe kämpft. Von einem Freier, der keinen Sex will, sondern dafür bezahlt, dass ihn endlich wieder jemand anschaut. Verzweiflung, Tod und die Angst vor der Einsamkeit sind allgegenwärtig.
Foto: ZDF / Barlomies Sowa
Joanna treibt durch den Tod der Mutter in eine große Krise, verliert ihren Job, übernachtet als offenbar einziger Gast in einem Wohnheim, versucht sich als Lehrerin, wird von einem Schüler belästigt. Lukasz verliert den Glauben, sucht Joanna, beide verbringen ein paar Stunden in der Wohnung von Joannas Mutter, im Halbdunkel zwischen abgehängten Möbeln. Das Ende ist nicht völlig ohne Hoffnung, an die man nach den 110 Minuten Verzweiflung zuvor jedoch nicht recht glauben mag. Die Hauptdarsteller geben alles, zeigen ein intensives, exzessives Spiel, insbesondere Agnieszka Grochowska als Joanna. Ein Film mit faszinierenden Szenen, doch die Figuren bleiben fremd. Es gibt von allem zuviel, zu viele Schmerzensposen, zu viele düsterne Bildkompositionen, zu viele künstlerischen Absichten auf einmal.