Was glücklich macht

Speidel, Sattmann, Schmaus, Thieme, Tiefenbacher, Leesch. Das Leben vor dem Tode

Foto Tilmann P. Gangloff

Ein Architekt hängt mit 60 seinen Beruf an den Nagel; er will gemeinsam mit seiner Frau seinen Lebensabend genießen. Doch die hat zunächst andere Pläne. Nach einer Ehe im Ausnahmezustand müssen die beiden erstmals miteinander klarkommen – und: der männliche Held der ARD-Tragikomödie „Was glücklich macht“ braucht einen neuen Lebensinhalt. Degeto-Ausnahmefilm von Matthias Tiefenbacher, leicht und zugleich nachdenklich. Lebensklug das Drehbuch von Edda Leesch. Spielfreudig das hochkarätige Ensemble.

Anständige Männer sterben mit vierzig, damit ihre Frauen noch was vom Leben haben. Peter (Peter Sattmann) ist mittlerweile sechzig und hat den richtigen Zeitpunkt somit entschieden verpasst. Außerdem hat er andere Pläne: Nachdem er als gefragter Architekt jahrelang durch die Welt gereist ist, will er seinen vorgezogenen Lebensabend gemeinsam mit Gattin Charlotte (Jutta Speidel) in Berlin verbringen. Die findet die Vorstellung auch ganz reizvoll, ist aber andererseits erfolgreiche Wissenschaftlerin und erhält ausgerechnet jetzt eine große Anerkennung für ihr Wirken: Sie soll eine Forschungsgruppe in Brüssel leiten.

Im Grunde erzählt Edda Leesch eine ganz einfache Geschichte: Womit füllt man sein Leben, wenn die Arbeit getan ist? Peter fühlt sich irgendwann, Proust zitierend, wie ein Toter, der darauf wartet, seinen Posten einzunehmen. Dank der geistreichen Dialoge und der munteren Inszenierung hat die nachdenkliche Komödie „Was glücklich macht“ ohnehin ungleich mehr Esprit und Tempo als all die anderen Werke, die normalerweise im Auftrag der ARD-Tochter Degeto entstehen. Und dann sind da ja noch die Darsteller. Gerade Sattmann wirkte lange nicht mehr so spielfreudig, profitiert aber auch von einer tollen Rolle. Die beiden Eheleute haben, wie es Charlottes verhärmte Schwester Karin formuliert, wegen Peters häufiger Abwesenheit stets eine Ehe im Ausnahmezustand geführt. Jetzt müssen sie miteinander klarkommen. Oder richtiger gesagt: Peter braucht einen neuen Lebensinhalt. Eigentlich will er einen Roman zu Papier bringen, der in seinem Kopf schon fix und fertig ist. In einer hübschen Schnittfolge zeigt Matthias Tiefenbacher, wie Peter auf der Suche nach dem richtigen Einstieg rastlos durchs Wohnzimmer tigert. Später kauft er sich eine mechanische Schreibmaschine, deren Geklapper Charlotte nervt. Weiter bringt ihn die Tipperei auch nicht: Als die Gattin am nächsten Abend nach Hause kommt, ist der Boden übersät mit zerknüllten Blättern.

Szenen wie diese hat sich Edda Leesch zuhauf ausgedacht. Wunderbar ist auch der Motorrad-Trip von Peter und seinen Kumpels Ritschie und Klaus; sie wollen es nach dem Tod eines Freundes noch mal richtig krachen lassen. Für die amüsantesten Momente sorgt dabei Thieme als hypochondrischer Schwarzseher, der permanent mit Unfallstatistiken um sich wirft. Sein Haus ist gespickt mit Feuerlöschern; beim Ausflug an den See hat er selbstredend auch einen dabei. Gegenstück zu den Männern sind die beiden Schwestern sowie Charlottes unbemannte Kollegin Gabi, mit sich der Leesch eine hübsche Rolle ins Drehbuch geschrieben hat: Das Damenkränzchen hat gleichfalls einige kernige Dialoge zu bieten. Aber dramatisch wird die ganze Geschichte erst, als sich Peter in die unbeschwerte junge Kellnerin Jenny (Katharina Lorenz) verliebt; damit ist die Krise perfekt und Peter endgültig, wie Karin resigniert feststellt, in der dritten Pubertät angelangt. Der wiederum lernt, dass man im Alter keineswegs automatisch weiser wird; nur dicker. (Text-Stand: 12.4.2009)

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Jutta Speidel, Peter Sattmann, Cornelia Schmaus, Thomas Thieme, Edda Leesch, Guntbert Warns, Katharina Lorenz

Kamera: Pascal Mundt

Schnitt: Ulrike Leipold

Musik: Thomas Osterhoff

Produktionsfirma: Filmpool

Produktion: Iris Kiefer

Drehbuch: Edda Leesch

Regie: Matthias Tiefenbacher

EA: 12.04.2009 20:15 Uhr | ARD

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