Von ganzem Herzen

Landgrebe, Kohlund, Berno Kürten. Hübsch harmlose Romanze mit Screwball-Touch

Foto: Degeto / Johannes Krieg
Foto Tilmann P. Gangloff

Christian Kohlund contra Gudrun Landgrebe – die Fronten sind klar: hier der ungehobelte Schriftsteller, dort die abweisende Ärztin, Lust- gegen Pflichtmensch, Drachenfrau gegen Neandertaler. Das hat sich Kürten hübsch ausgedacht; entsprechend genüsslich kostet er die Konfrontation in diversen Szenen voller Screwball-Touch aus und spielt dabei auch mit den schablonenhaften Rollen-Images der beiden. Allzu bieder & betulich dagegen die Regie.

Berno Kürten ist sicher nicht als erster Autor auf die Idee gekommen, dass man erfolgreichen Kardiologen doch mal tief ins Herz schauen sollte: weil es selbstredend ein reizvoller Widerspruch ist, wenn sich ausgerechnet Herzexperten in Liebesdingen schwer tun. Hannah Blacher zum Beispiel hat gleich drei Doktortitel, weshalb für Zwischenmenschlichkeiten naturgemäß nicht mehr viel Zeit bleibt. Gudrun Landgrebe spielt die international erfolgreiche Spezialistin zwar auch nicht anders als andere Rollen, aber das tut nicht viel zur Sache; Distanz und Distinguiertheit hat sie allemal drauf, und das ist in diesem Fall viel wichtiger. Denn natürlich läuft Hannah einem Kerl in die Arme, der sich durch diese Frau ungeheuer herausgefordert fühlt. Christian Kohlund spielt den Bestseller Arthur Chalimar zwar gleichfalls nicht anders als andere Rollen, aber auch das ist nicht weiter wichtig. Entscheidend ist vielmehr, ob die Kombination Landgrebe/Kohlund funktioniert; und das tut sie in der Tat. Hier der ungehobelte Schriftsteller, von der Kardiologin wahlweise als Primat, Steinzeitmensch oder Neandertaler beschimpft, dort die abweisende Ärztin, der Gefühle suspekt sind, beide zudem unglaublich ichbezogen: Das hat sich Kürten hübsch ausgedacht; entsprechend genüsslich kostet er die Konfrontation in diversen Szenen voller Screwball-Touch aus.

Der Autor Kürten hat also ganze Arbeit geleistet, der Regisseur Kürten hingegen lässt es – wie schon zuletzt in „Pretty Mama“ (ZDF) – insgesamt etwas zu betulich angehen. Andererseits kann sich Luise Bähr auf diese Weise noch besser profilieren: Sie spielt Hannahs Tochter Luisa und sorgt jedes Mal rechtzeitig für frischen Wind, wenn der Film kurz davor ist, in üblicher Degeto-Beschaulichkeit zu versinken. Luisa soll natürlich Medizinerin werden, will aber viel lieber in den Journalismus. Ein Interview mit dem sorgsam abgeschirmten Chalimar wäre ein passender Knüller zum Einstieg. Der Autor wiederum hat keine Idee für seinen neuen Roman, aber einen Abgabetermin. Da kommt ihm die in seinen Augen „so herrlich spröde, kontrollierte, freudlose“ Hannah Blacher, Zimmernachbarin im Baden-Badener Hotel, als Inspiration & Hauptfigur („Die Drachenfrau“) gerade recht; und Luisa soll als Kontaktperson fungieren. Auch wenn man es niemanden überraschen wird, dass aus dem Dauerstreit irgendwann Liebe wird: Der Film, von dem TV-Spielfilm schrieb „kurzweiliges Herzrasen statt Süßstoffattacke“, hätte einen einfallsreicheren Titel als „Von ganzem Herzen“ verdient.

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Fernsehfilm

ARD Degeto

Mit Gudrun Landgrebe, Christian Kohlund, Luise Bähr, Patrick Güdenberg, Thomas Kügel, Franziska Stavjanik

Kamera: Konstantin Kröning

Szenenbild: Jost Schrader

Musik: Maurus Ronner

Produktionsfirma: Askania Media

Drehbuch: Berno Kürten

Regie: Berno Kürten

EA: 20.03.2009 20:15 Uhr | ARD

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