Versprich mir, dass es den Himmel gibt

Speichert, Kurtulus, Sonsee Neu, Martin Enlen. Innerlichkeit made by RTL

Foto: RTL plus / Ines Djampour
Foto Rainer Tittelbach

Die eine Frau hat Leukämie, wird nicht mehr lange leben. Die andere war die Jugendliebe des Partners der Kranken – und sie tritt durch Zufall wieder in dessen Leben. Die reizvollen Ansichten, die spürbare Lust am Ambiente und die exzellente Kameraarbeit – das alles ist fast zu schön, um wahrhaftig zu sein. Bei “Versprich mir, dass es den Himmel gibt” stand sich Regisseur Martin Enlen mit seinem Hang für Ästhetik selbst im Weg. Aber auch das Buch hatte Schwächen, die Geschichte konnte sich nicht recht entscheiden zwischen äußerlichem Melo & human(istisch)em Liebesentwurf. Die Besetzung war für 1999 allerdings top!

Mit den schönsten Schauspielerinnen in Deutschland hat er gearbeitet: mit Anica Dobra (“Roula”), Barbara Auer (“Hurenstreik”), Martina Gedeck (“Wer Kollegen hat …”), mit Hannelore Elsner und Iris Berben, die für “Andrea und Marie” sogar erstmals gemeinsam vor der Kamera standen. Martin Enlen ist der Spezialist für die romantischen Fälle. Ein Regisseur, der in Anlehnung an Truffaut Filme macht, um schöne Frauen schöne Dinge tun zu lassen. Auch der neue Film des 39jährigen Münchners, “Versprich mir, dass es den Himmel gibt”, ist wieder Plattform für zwei attraktive Schauspielerinnen: Sandra Speichert und Sonsee Neu, die Thomas Jahn für seinen Film “Herzbeben” entdeckte, laden diesen RTL-Liebesfilm mit mehr als nur einem hübschen Äußeren stimmungsvoll auf. Auch der Mann an ihrer Seite kann sich sehen lassen: Mehmet Kurtulus war Hauptdarsteller des Indiehits “Kurz und schmerzlos”.

Versprich mir, dass es den Himmel gibtFoto: RTL plus / Ines Djampour
Die krebskranke Cora (Speichert) & Stella (Sonsee Neu), die Jugendliebe von Coras Partner. „Versprich, dass es den Himmel gibt“

Ein Mann, zwei Frauen – doch es kommt nicht zur Berge (sprich Männer) versetzenden Frauenfreundschaft wie in “Andrea und Marie”. Die eine Frau, Cora, ist krank, hat Leukämie, wird nicht mehr lange leben. Die andere, Stella, war die Jugendliebe von Louis – und sie tritt durch Zufall wieder in sein Leben. Cora kann ihn verstehen: “Es ist wie mit einem Buch, das man noch nicht ausgelesen hat”, sagt sie, und eine Träne rinnt ihr über das Gesicht. Alle drei quälen sich, sehen ein, dass jedes Verhalten nur falsch sein kann. Schließlich verbringen sie Coras letzte Wochen gemeinsam zu dritt auf Mallorca.

Kritik: “Versprich mir, dass es den Himmel gibt”
Ein Mann zwischen zwei Frauen in der romantischen Light-Version, für den Zu- schauer mit Geschmack. So kam einem das RTL-Mittwochs-Movie. Auch wenn es um Leukämie und Tod ging, die erlesene Bildsprache täuschte immer wieder darüber hinweg. Die reizvollen Ansichten, die spürbare Lust am Ambiente und die exzellente Kameraarbeit – das alles war einfach zu schön, um wahrhaftig zu sein. Bei “Versprich mir, dass es den Himmel gibt” stand sich Regisseur Martin Enlen mit seinem Hang fürs allzu Schöne selbst im Weg. Aber auch das Drehbuch hatte Schwächen, die Geschichte plätscherte in ihrer Innerlichkeit zwischen Melodram und human(istisch)em Liebesentwurf. Da konnte die Stärke des Regisseure, die sensible Arbeit mit den Schauspielern, nur bedingt ausgespielt werden. Sandra Speichert bewies, dass sie für postmodern inszenierte Tiefe dir Richtige ist; Mehmet Kurtulus war als Spezies Mann vor allem physisch präsent und Sonsee Neu brachte die Frische in die Beziehungsmomente, die Speichert sonst selbst ausstrahlt, mit der sie allerdings als Leukämie-Erkrankte Haushalten musste. Mehr durften die Schauspieler nicht geben.Die Menschen, reduziert auf ihr sinnliches Verhalten im Hier und Jetzt, herausgehoben aus den Zwängen und vor allem der Logik des Alltags: Solche Filmgeschichten können erhellend wirken, bereichernd sein für den Zuschauer. Bei Enlens ZDF-Drama “Andrea und Marie” gelang dieser Erfahrungstransfer, bei diesem Melo war das schwieriger. Die Grundsituation hatte zu viel von einem Lore-Roman, den Figuren fehlte eine glaubhafte Verankerung im sozialen Leben. So ließ einen die Story seltsam unberührt.  tit.

Versprich mir, dass es den Himmel gibtFoto: RTL plus / Ines Djampour
Mehr RTL-Gefühligkeit als Sirksches Melodram oder Wenderssche Innerlichkeit. Sandra Speichert & Mehmet Kurtulus

Enlen wird sich bei diesem TV-Movie wieder einmal des Kitschverdachts aussetzen müssen. Bei der Geschichte von Andy Hoetzel und Ina Siefert auch ein bisschen zu Recht. Doch um Glaubwürdigkeit im Sinne eines realistischen Fernsehspiels ist es Enlen noch nie gegangen. Gefühle bekommen in seinen Filmen ihren eigenen Raum, einen Mikrokosmos, in dem Gesten oft Transzendentes atmen und in dem der schnöde Alltag nur abstrakt oder in Spurenelementen vorkommt. Die Schönen und die Reichen finden oft bei Enlen in erlesenem Film-Ambiente zu sich selbst. Und so verschmelzen auch in “Versprich mir, dass es den Himmel gibt” Psychokult, Stil und Hedonismus zu einer RTL-kompatiblen Innerlichkeit.

So unrealistisch auch die Situationen, so stimmig sind sie doch als Versuche, Liebe anders zu leben, als Utopien vom Glück in einer von Schmerz und Leid bestimmten Lebensphase. “Wahre Gefühle zu zeigen” ist für Enlen das Wichtigste. Dass er dabei vor allem auf Frauen setzt, kein Wunder: “Das emotionale Potenzial von Frauen ist einfach größer, ihre Gefühle sind stärker”, sagt er. Dass Figuren in Enlen-Filmen oft Tiefe nur simulieren, ist nicht nur ein Makel, den man dem Regisseur anlasten kann, sondern auch ein Reflex auf den Narzissmus der Zeit. Wie sagt doch das Ex-Model Cora, das erkennen muss, dass es ihrer Identität an Schliff fehlt, kurz vor ihrem Tod: “Dann fühle ich mich manchmal wie eine Figur in einer Geschichte, die jemand anderes geschrieben hat.” (Text-Stand: 24.11.1999)

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Fernsehfilm

RTL

Mit Sandra Speichert, Mehmet Kurtulus, Sonsee Neu, Boris Aljinovic, Elisabeth Trissenaar

Kamera: Gerhard Schirlo

Szenenbild: Su Proebster

Kostüm: Christina Neu

Produktionsfirma: BilderBuch Film- und Fernsehproduktion

Drehbuch: Ina Siefert, Andy Hoetzel

Regie: Martin Enlen

EA: 24.11.1999 20:15 Uhr | RTL

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