Timo (Tim Oliver Schultz), Ende 20, ehemaliger Bundesliga-Fußballer, will sein Leben noch besser in den Griff bekommen. Nach zahlreichen Eskapaden, denen prompt die Scheidung folgte, ist er zumindest schon mal ein guter Vater für seine drei Kids. Doch seine Exfrau Nicki (Yasemin Cetinkaya) ist mit der 50/50-Regelung nicht mehr einverstanden; die Kinder bräuchten mehr Stabilität und ein festes Zuhause. Ihr neuer Partner (Carlos Lobo), der Manager von Timo, will ihn mit einem sportlichen Top-Angebot ins Ausland locken, doch der Fußball ist gestorben für den Ex-Profi, sein neuer Traumberuf – neben dem Job als Türsteher – ist nun Papa. Die Kinder sind sein ein und alles. Obwohl Timo wegen seiner Vorgeschichte schlechte Karten hat, wenn die Aufenthaltsbestimmungsfrage vor Gericht verhandelt werden sollte, gibt er nicht auf. Ohnehin blickt er wieder optimistischer in die Zukunft. Das hat viel mit seiner Kollegin Lucy (Zoe Moore) zu tun; zwischen beiden hat es kräftig gefunkt. Zuspruch bekommt er aber auch von seinen Hausmänner- und Väterkumpels Mark (David Rott), Andreas (Tobias van Dieken) – und vor allem von Gerd (Peter Lohmeyer). Doch der reagiert gar nicht mehr wie ein wirklicher Freund, als er erfährt, wer Timos neue Flamme ist.
Der unterhaltsame Mehrteiler „Väter allein zu Haus“ geht in die nächste Runde. Nach dem Schreiner und dem Marketingprofi, die in den ersten beiden Filmen 2019, „Gerd“ und „Mark“, mit ihren Partnerinnen das ewige Kinder-Karriere-Ding bewältigen mussten, ist nun zunächst der Ex-Bundesliga-Kicker dran, der endlich bereit ist, für seine Kinder Verantwortung zu übernehmen. Es geht also nicht mehr so sehr um Geschlechterklischees, mit denen durch die Umkehrung angestammter Rollen munter gespielt wird, sondern es geht um das Verhältnis der Väter zu ihren Kindern. Im zweiten Film kämpft Andreas, Marks Schwager, um das Sorgerecht für die kleine Stella (Sophia Heinzmann). Sie ist die Tochter der verstorbenen Schwester seines Lebenspartners Christian (Steve Windolf). Da der Vater, eine Zufalls-Bekanntschaft, nicht zu recherchieren war, hat das schwule Paar das Sorgerecht bekommen. Andreas hat die Rolle des Vollzeit-Papas sieben Jahre lang hingebungsvoll übernommen. Jetzt würde er gern ins Berufsleben einsteigen. Trotz eines abgeschlossenen Ingenieursstudium ist das nicht leicht – besitzt er doch keinerlei Berufserfahrung. Sein Leben weitaus mehr durcheinander bringt nun allerdings der aus der Versenkung auftauchende leibliche Vater (Jerry Kwarteng) von Stella. Und dass Andreas‘ ständig überlastete Schwester Judith (Felicitas Woll) Klinikärztin ist, bleibt für eine solche Geschichte natürlich nicht ungenutzt.
Die Themen und Problemlagen haben sich etwas verändert, entsprechend hat sich die nach wie vor launige Tonlage gefühlt einen Tick mehr in Richtung Dramödie verschoben. Es heißt nicht mehr „Wir Männer müssen zusammenhalten“, sondern „Du kannst dich auf uns verlassen.“ Neu im Autoren-Team für die Episode „Andreas“ ist Kirsten Peters („Billy Kuckuck“), und bei beiden Filmen hat Esther Gronenborn („Ein Wochenende im August“) die Regie von Jan Martin Scharf übernommen. Nach wie vor geht es in „Väter allein zu Haus“ um Kinder, Beruf, Beziehung, um den ganz normalen Alltag also, der zwar durch kleine oder größere Schicksalsschläge und Dramen kompliziert werden kann, der sich allerdings mit Hilfe von Freunden und der Familie bewältigen lässt. Das entspricht ganz dem ARD-Freitagsfilm, bei dem Happy End Pflicht ist. Und auch wenn nach 60 Filmminuten für Timo die Zukunft alles andere als rosig aussieht, gelingt es den Autoren Jan Martin Scharf und Arne Nolting, das Schlussdrittel mit einem enorm dicht konstruierten Finale zu einem eindrucksvollen Wechselbad der Gefühle zu machen. Und diesem einsichtigen Helden, auch wenn er auf der Zielgeraden noch mal kurz den Kindskopf gibt, wünscht man als Zuschauer nur das Beste. Man wüsste aber auch gern, wie es bei ihm in der Liebe weitergehen wird: Tim Oliver Schultz, bekannt und beliebt durch die Erfolgsserie „Club der roten Bänder“, und Zoe Moore sind ein Traumpaar – jung, frisch und ihre Figuren immer für eine kleine Überraschung gut.
Dadurch, dass Kinder ins Spiel kommen und die beiden Väter, der eine knapp 30, der andere etwa zehn Jahre älter, nicht so cool & abgeklärt wie „Oldie“ Gerd und auch weniger vernünftig als Mark wirken, sind die neuen Filme etwas emotionaler geraten. Dabei ist „Timo“, bereits 2019, vor der Ausstrahlung der ersten beiden Teile fertiggestellt, der etwas klarer strukturierte, dramaturgisch überzeugendere Film der beiden. Die Vernetzung der Beziehungen und Konfliktlagen ist nicht nur im bereits erwähnten, extrem dichten Schlussteil überaus gut gelungen. In beiden Filmen ähnlich hoch ist das Tempo (dies eher eine Frage der Regie). Die Expositionen sind für ein Unterhaltungsformat geradezu vorbildlich. In wenigen Minuten ist der Zuschauer im Bilde; auf ungelenke, umständliche Erklär-Dialoge wird weitgehend verzichtet. Eine erzähltechnisch clevere und emotional kluge Buch-Idee sind die Szenen, in denen die Väter in der Schulklasse ihre Berufe vorstellen. Überhaupt, die Schule: Hier treffen sich die Väter notgedrungen, aber immer auch gern, um sich auszutauschen. So bekommt die Freundschaft – auch dramaturgisch – etwas Selbstverständliches und die Erzählung etwas angenehm Alltagsnahes. Immer wieder schlagen Scharf & Nolting, aber auch Kirsten Peters bei „Andreas“, mehrere Fliegen mit einer Klappe. Das sieht insgesamt beim vierten, 2010 entstandenen Film allerdings etwas weniger elegant aus, da die Sub-Plots dem typischen Degeto-Muster „ein Problem kommt selten allein“ folgen, sie zudem linear strukturiert sind (wobei schon mal ein Sub-Plot wie der nervige Vater alter Schule zwischenzeitlich „vergessen“ wird) und dadurch die Handlung etwas überladen wirkt.
Das Konzept von „Väter allein zu Haus“ ist nicht nur deshalb so gut und angenehm „anders“ für ein ARD-Freitagsfilm-Format, weil es sich auf die zu Recht auch für Filme geforderte Diversität der Gesellschaft fokussiert, sondern ganz maßgeblich auch, weil die Umsetzung dramaturgisch & filmisch gelungen ist. Reale Konflikte werden pragmatisch angegangen. Vernunft obsiegt über Wut; auf Buhmänner oder Buhfrauen wird weitgehend verzichtet. Das kommt der Glaubwürdigkeit zugute. Und welche Produktion kann schon mit Schauspielern wie Peter Lohmeyer, David Rott, Felicitas Woll oder Christina Große in Nebenrollen punkten (nachdem sie in den beiden 2019er-Filmen Hauptrollen hatten)?! Die Befürchtung des Kritikers, dass für Tim Oliver Schultz und Tobias van Dieken die Fußstapfen ihrer Vorgänger zu groß sein könnten, hat sich nicht bewahrheitet; zudem können sich auch Zoe Moore und Steve Windolf sehen lassen. Die beiden Hauptdarsteller verleihen ihren Figuren Empathie und überzeugen – vielleicht sogar mehr als ihre Vorgänger – als Sympathieträger. Auch wenn ein solches Projekt kein Quotenknaller sein wird, wäre eine Fortsetzung eine Möglichkeit, die Charaktere noch stärker vom „Stellvertreter“ einer bestimmten Spezies von Vätern zu „echten“ Menschen zu machen. Eine lockere Familien-Reihe mit zeitgemäßen Lebens- und Partnerschaftsmodellen fehlt jedenfalls im deutschen Fernsehen!