Unter Verdacht – Hase und Igel

Senta Berger, Gerd Anthoff und Christoph Waltz: Die Prohacek ist immer schon da!

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Foto Rainer Tittelbach

Prohaceks korrupter Chef auf der Anklagebank – und die Prohacek glaubt an seine Unschuld. Ist der blauweiße Intrigantenstadel beim neunten Mal auch etwas ernster geraten, was sich in der suggestiven, zu visuellen Allegorien neigenden Inszenierung von Ed Herzog stilistisch widerspiegelt, so lassen sich doch die beiden Kontrahenten ein Spielchen nicht nehmen.

Eine Krimi-Reihe ist keine Fortsetzungsgeschichte und noch weniger Abbild realer politischer Verhältnisse. Senta Berger bedauert das ein wenig, aber sie weiß auch, dass dann die ZDF-Reihe „Unter Verdacht“ ihr baldiges Ende finden würde. Denn die Filme leben neben den psychologisch spannenden Fällen vom Katz-und-Maus-Spiel zwischen der internen Ermittlerin Dr. Eva Prohacek und ihrem Vorgesetzten Dr. Claus Reiter. „Wenn alles mit rechten Dingen zugehen würde, säße der längst im Gefängnis oder wäre weggelobt in eine höhere Stellung in irgendein Ministerium, wo er mit einem Mordsgehalt, Dienstwagen und anderen Privilegien keine schmutzigen Geheimnisse mehr ausplaudern würde“, spekuliert Senta Berger, die bereits mit dem ersten der bislang neun 90-Minütern einen Grimme-Preis gewann.

Mit „Hase und Igel“ kommt nun die Reihe ihrem Ende verdächtig nahe. Claus Reiter traut seinen Augen nicht. An seinem Schreibtisch sitzt sein ehemaliger Kollege Thomas Sell, einst Hauptkommissar des Dezernats für Wirtschaftskriminalität. Vor 13 Jahren – damals ermittelte er gegen eine Schwarzarbeiter-Mafia – wurde er wegen Mordes verhaftet. In Anwesenheit von Eva Prohacek und ihres Kollegen Langner fährt Sell nun harte Geschosse gegen Reiter auf: Er habe damals belastende Fakten, die andere Tatverdächtige betreffen, vertuscht und so den unliebsamen Konkurrenten um die Stelle des Kommissariatsleiters aus dem Weg geräumt. Die Geschichte klingt überzeugend. Reiter gerät in Erklärungsnot, derweil Prohacek und Langner schnellstens recherchieren müssen in der Schleuser- und Schwarzarbeiter-Szene: denn Sell ermittelt auf eigene Faust – und seine Methoden sind nicht die Feinsten.

Unter Verdacht – Hase und IgelFoto: ZDF
Antonia (Marion Mitterhammer), die geschiedene Frau von Thomas Sell, lässt sich ungern von Eva Maria Prohacek (Senta Berger) befragen.

Die zentrale Frage, die über den Fortgang der Reihe entscheidet, ist die Frage, ob die politischen „Freunde“ dem ach so ehrenwerten Dr. Reiter aus der misslichen Lage heraushelfen können. Gibt es einen, bei dem der notorische Intrigant noch einen gut hat oder werden die Münchner „Großkopferten“ ihren Claus fallen lassen? Ein munteres Ränkespiel, bei dem es bei den einen um die Karriere und bei den anderen ums nackte Leben geht, nimmt seinen Gang. Mittendrin zwei Ermittler, die dieses Mal besonders cool bleiben. Die Prohacek hält sich auffallend zurück im Feldzug gegen ihren Chef; entsprechend ist Senta Berger in „Hase und Igel“ etwas weniger präsent als in anderen Filmen der Reihe. Dafür darf sich der großartige Gerd Anthoff mehr in den Vordergrund spielen. Angst versteckt sich hinter Reiters pseudointellektuellen Brillengläsern. Außerdem gesellt sich zu den beiden Kontrahenten noch eine dritte Figur, die schauspielerisch ebenso hochkarätig besetzt ist: Christoph Waltz spielt Sell, den verzweifelten Rächer, der sich um das Wohlergehen von Frau und Sohn sorgt.

Ist der blauweiße Intrigantenstadel von „Unter Verdacht“ dieses Mal auch etwas ernster geraten, was sich in der suggestiven, zu visuellen Allegorien neigenden Inszenierung von Ed Herzog stilistisch widerspiegelt, so lassen sich doch die Kontrahenten ein Spielchen nicht nehmen. „Es ist das Spiel vom Hase und vom Igel, das die Spannung zwischen den beiden Hauptfiguren bestimmt“, sagt Senta Berger. Sonst rackert sich die Kriminalrätin ab und Reiter triumphiert ohne großen Energieaufwand. Dieses Mal ist es umgekehrt: der korrupte Beamte rennt aufgeregt hin und her – und die Prohacek ist immer schon da.

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Reihe

ZDF

Mit Senta Berger, Gerd Anthoff, Rudolf Krause, Christoph Waltz, Jevgenij Sitochin, Silvia Seidel, Marion Mitterhammer

Kamera: Frank Sthamer

Schnitt: Simone Hofmann

Musik: Manu Kurz

Produktionsfirma: Pro GmbH

Drehbuch: Wolfgang Stauch

Regie: Ed Herzog

EA: 10.08.2007 20:40 Uhr | Arte

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