Sie ist anders als die anderen. Dr. Eva Maria Prohacek trägt weder die Knarre telegen im Halfter, noch versteht sie alles und jeden. “Sie ist keine Sympathieträgerin, die immer Recht hat und gut drauf ist”, sagt denn auch Senta Berger über ihre Kriminalrätin, die im eigenen Stall ausmisten soll, doch dabei immer wieder an Fälle gerät, die sie in mörderische Nähe zur bayerischen Spezerln-Wirtschaft bringen. Eingeschlagen hat die Krimireihe “Unter Verdacht” auch trotz der politisch und dramaturgisch etwas radikaleren Gangart. Über fünf Millionen Zuschauer, Grimme-Preis und überschwängliche Kritiken, kein Wunder, dass das ZDF und Berger weitermachen (wollen). Dritter Einsatz der depressiven Heldin: “Gipfelstürmer”.
Prohacek hat einen Polizeiobermeister in der Mangel, der der Steuerhinterziehung verdächtigt wird. Einen Tag nach dem Verhör ist der Mann tot. Bei der Frau, die Schuldgefühle und panische Angst vorm Autofahren plagen, weil sie einst ihr Kind in den Tod fuhr, bricht Verdrängtes wieder auf. Immerhin hatte der Polizist ihr einen Deal, “eine große Sache”, als Gegenleistung für eine mögliche Straffreiheit versprochen. Doch Deals macht die Dame nicht. Deshalb stürzt sie sich umso engagierter in den Fall, der sich bald als kommunalpolitisches Komplott mit zahlreichen tragischen Figuren erweisen soll. Fraglich bleibt, ob es ihr dieses Mal gelingen wird, das Wespennest, in das sie gestochen hat, vollständig auszuräuchern.
Bisher blieb immer ein Restübel. So ist beispielsweise der Vorgesetzte und Gegenspieler der Prohacek noch immer im Amt, obwohl er fast zweifelsfrei im mehrfach preisgekrönten Auftaktkrimi der Reihe die Heldin ermorden lassen wollte. Senta Berger gefallen solche Buch-Ideen besonders gut: “weil das der Wirklichkeit gerecht wird”, so die Schauspielerin, die unlängst mit der Neuauflage der “schnellen Gerdi” nicht ganz den erhofften Erfolg hatte. “Es gibt – über den Krimi hinaus – weiterhin Waffenschmuggel und Korruption”.
Arte tat gut daran bei einer psychologisch so perfekt vernetzten Reihe, vor “Gipfelstürmer” auch noch mal die ersten beiden Filme von Friedemann Fromm zu zeigen. Es sind Krimis, die etwas vermitteln von der Schwierigkeit, Gerechtigkeit herzustellen. Ob das in NRW anders ist als im blauweißen Amigoland? Die Prohacek ermittelt nun mal in München. Und das tut sie ohne Rücksicht auf Verluste. Gegen Ende darf die couragierte “Nestbeschmutzerin” mit messerscharfer Rhetorik zu großer (Verhör-)Form auflaufen. Doch ganz so dialogisch prickelnd und filmisch dicht wie seine Vorgänger ist “Unter Verdacht III” nicht geworden. Der Verdacht liegt nahe, dass beim ZDF im beschaulichen Mainz jemand Angst vor der Courage der Prohacek & der düsteren Weltsicht der Reihe bekommen hat. (Text-Stand: 2004)