Allein die Story klingt schon verdächtig nach überalterten Rollenklischees: Macho Alex wird durch ein Attentat frustrierter Ex-Freundinnen in eine rein weibliche Parallelwelt katapultiert. Nicht nur sein bester Freund Silvio ist plötzlich eine Frau, auch Alex selbst wird fortan nur noch mit weiblicher Anrede adressiert. Das Konzept „Mann“ mit all seinen organisch-körperlichen Ausdrucksformen ist in dieser Welt vollkommen unbekannt, was zu einer Vielzahl pubertärer Witze über Alex’ Penis führt. Um in die „normale“ Welt zurückzukehren, so glaubt der Frauenhasser, müsse er sich dem weiblichen Geschlecht anbiedern, was ihm aufgrund jahrelanger Vorerfahrung auch gelingt. Dabei verliebt er sich jedoch versehentlich in die graue Maus Paula und muss sein sexistisches Weltbild gehörig infrage stellen.
„Unter Frauen“ bedient sich sowohl der in der deutschen Mainstreamkomödie inzwischen tradierten Pop-Rock-Untermalung, als auch der typischen Rom-Com-Dramaturgie. Mit dem ersten Auftreten Alexandra Neldels ist bereits klar, dass sie sich zum Love Interest der Geschichte entwickeln wird und selbstredend darf nach der ersten Vereinigung der Liebenden der konstruierte Konflikt als Wendepunkte der Handlung nicht fehlen. Der grobe Verlauf der Geschichte ist dem Zuschauer also bereits nach wenigen Minuten sonnenklar. Das stört zunächst erstaunlich wenig, denn in der ersten halben Stunde – vor dem Sprung ins Parallel-Universum – kann „Unter Frauen“ tatsächlich unterhalten. Das liegt vor allem daran, dass Autorin Sarah Schnier und Regisseur Hansjörg Thurn anhand des Helden, sexistische Machosprüche in all ihrer Dämlichkeit entlarven. Der Zuschauer lacht bereitwillig über den unsympathischen, weil maßlos überheblichen und narzisstischen Alex und seine betont maskuline Lebensphilosophie. Weisheiten wie „Mit den Frauen ist es wie mit den Autos: Wenn Du nicht aufpasst, bringen sie dich um“ entwickeln in diesem ironischen Kontext keinerlei sexistisches Potenzial, sondern demaskieren sich humoristisch als himmelschreiende Idiotie.
Foto: ZDF / Martin Valentin Menke
Mit dem Sprung in die Frauenwelt jedoch kippt das Konzept völlig. Was hätte man sich nicht alles einfallen lassen können für dieses weibliche Universum?! Statt jedoch das immense geschlechterpolitische Potenzial des Konzepts zu nutzen, bedient sich „Unter Frauen“ dem gesamten Kaleidoskop sexistischer Klischees, von denen die völlige Abwesenheit von Sexualität in einer Frauenwelt mit Abstand das erschreckendste ist. Die Frau, so die Logik des Films, ist ein völlig entsexualisiertes Wesen, das bunte Kleinwagen fährt und seinen Aggressionen nur in hinterhältigen Intrigen Ausdruck verleihen kann. Die Abwertung der Weiblichkeit spiegelt sich auch in der Figur Fahri Yardims wieder. Er spielt die Silvia (ehemals Silvio) nicht wie eine Frau, sondern wie eine Drag Queen, also mit Hilfe übertriebener weiblicher Manierismen, die hierdurch eben auch wieder verlacht anstatt positiv bewertet werden. Während der im ersten Akt etablierte, offensichtliche Machismo der Hauptfigur durch den Erkenntnisprozess des Helden schließlich unterminiert wird, bleiben hingegen die subtilen sexistischen Strukturen der Frauenwelt unangetastet.
Als Romantic Comedy richtet sich die Kinokoproduktion „Unter Frauen“ vor allem ein weibliches Publikum, das jedoch durch den Film – vermutlich völlig unbemerkt – am laufenden Band beleidigt und erniedrigt wird. „Wie leicht ihr doch zu kriegen seid, wenn man nur ein bisschen nett zu euch ist“, lacht sich Alex an einer Stelle ins Fäustchen. Damit postuliert er nicht nur ein weiteres abwertendes Klischee, das von der Handlung subtil bejaht wird (tatsächlich fallen alle Damen auf seine Strategie der Anbiederung herein), er sagt damit auf einer Metaebene auch etwas über den Film selbst aus. „Unter Frauen“ lockt sein Publikum mit Slapstickhumor und Schadenfreue über einen unverbesserlichen Frauenhelden, nur um mittels subtiler sexistischer Botschaften patriarchale Machtstrukturen zu implementieren. Vermutlich gibt es trotzdem genug Zuschauerinnen und Zuschauer, die sich am platten aber funktionalen Humor des Konzepts ergötzen und von der gelungen nach Schema F konstruierten Liebesgeschichte berühren lassen. Es ist traurig, aber wahr: Nicht nur Frauen, sondern auch Männer sind manchmal viel zu leicht zu kriegen. (Text-Stand: 1.8.2014)