Frankfurt, Mainhattan. Robert Cordes, Vorstandsvorsitzender einer Großbank, hat ein Auge auf die schöne Svenja geworfen. Dass sie verheiratet ist, stört den kultivierten Mittfünfziger wenig. In seinem Job hat er moralisch ganz andere Dinge zu verantworten. Ein Mitarbeiter ist in Indonesien unter tragischen Umständen ums Leben gekommen. Jetzt schickt er Svenjas Mann Oliver als Troubleshooter ins asiatische Krisengebiet – und der ist auch noch glücklich über diese unerwartete Chance. Svenja gibt dann doch dem Werben des 20 Jahre älteren Mannes nach und erliegt seinem spröden Charme. Ist es seine Macht, die Svenja fasziniert, oder ist es ihre Macht über ihn? Vielleicht ist es auch nur ihr eigener Narzissmus, der sie in seine Arme treibt. Svenja ist attraktiv, wirkt selbstbewusst, obwohl sie als Fotografin keinen Boden auf die Erde bekommt. Und noch weiß sie nicht um das Spiel, das ihr Liebhaber treibt.
Einige Fragen, die Psychologie der beiden Hauptfiguren betreffend, sind naheliegend, aber die möglichen Antworten für den gesamten Film nur wenig erhellend. „Unter dir die Stadt“ ist weniger eine sich an der Realität abarbeitenden Charakterstudie, sondern eine artifiziell ausgerichtete Versuchsanordnung in Sachen Liebe, Geld und Macht. Cordes und Svenja sind Kunstfiguren – der biblischen Bathseba-Geschichte postmodern nachempfunden, in der König David einen Mann in den Krieg schickt, um mit dessen Frau zu schlafen. Vielleicht ist aber auch die Interpretation von der Macht der Gefühle noch viel zu bodenständig und profan für diesen perfekt durchkomponierten Film mit seinen Glasfassaden und seiner kapitalistischen Kunst-Ikonographie. Zum Kinostart war Christoph Hochhäuslers Film vielen Kritikern hierzulande zu kalt, zu verkopft, während er in Frankreich als Meisterwerk gefeiert wurde. Wer heute noch Spaß haben kann an einer solchen geometrischen Darstellung der Lust und einer radikalen Entmythologisierung der Liebe, wer ein Faible für sperrige Ästhetik, für Abstraktion besitzt, wer mit Filmen von Michelangelo Antonioni noch etwas anfangen kann und wer Verrätselung als ästhetische Herausforderung versteht, der muss diesen Film lieben. Wem diese Beziehungswirklichkeit eine zu „entfremdete“ ist, der kann sich notfalls damit trösten, dass es sich in Hochhäuslers Film um das Liebeskonzept aus der kalten Chefetage handelt. Des Bankers Begehren folgt der Logik einer unfreundlichen Übernahme. Wen das alles kalt lässt, der müsste zumindest von Nicolette Krebitz hin & weg sein.
Fazit: zu viel Semantik sollte man der Geschichte von „Unter dir die Stadt“, die aus Motiven und (Beziehungs-)Bruchstücken zusammengesetzt ist, nicht aufzwingen. „Das alles bedeutet nichts“, sagt Svenja. Vielleicht bezieht sich das ja nicht nur auf diese unmoralische Affäre. „Es geht los“, sind die letzten Worte im Film. Was gehr los? Es bleibt rätselhaft.